9. Arbeit, Geld, Einkauf und Essen

Aus Gefangenenratgeber

Wechseln zu: Navigation, Suche

Der "alte" Ratgeber

9. Arbeit, Geld, Einkauf und Essen

„Arbeit ist Grundlage eines geordneten und wirksamen Straf Vollzugs", so hieß es in Nr. 80 der alten Dienst- und Vollzugsordnung. Damit wird auf den eigentlichen Charakter der Knastarbeit hingewiesen: Sie ist ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Strafe selbst. Geschichtlich gesehen waren die ersten Knäste eigentlich nur Zwangsarbeitshäuser, die die Funktion hatten, Menschen in brutale, stumpfsinnige und entwürdigende Arbeitsabläufe einzupressen. Arbeitslosigkeit unter den Gefangenen war der Anstalt schon immer ein Gräuel - oft unter dem Deckmäntelchen humanitärer Scheinheiligkeit: „die Armen, noch nicht mal das bisschen Geld ist ihnen vergönnt", so heißt es allenthalben im Chor. Schlaue Kriminologen haben längst erkannt, dass „längere Untätigkeit der Insassen" schnell in „Steigerung der Spannungen und offen ausbrechende Konflikte" umschlägt. Als die wissenschaftlichen Strategen des Strafvollzugs empfehlen sie selbst ökonomisch völlig nutzlose Tätigkeiten, die ihre Bedeutung darin besitzen, dass sie „dem Anstaltsklima nutzen". Diese Empfehlungen besitzen Tradition, wurde doch vor fast zweihundert Jahren eigens zu diesem Zweck in England das Tretrad erfunden. Ein riesiges Rad, in dessen innerer Lauffläche der Gefangene eingesperrt war und es mit der Kraft seiner Füße antreiben musste Dieses Rad hatte keine andere Funktion, als jede Lebensenergie abzuschöpfen. Andern Charakter der Arbeit hat auch das so gefeierte neue Strafvollzugsgesetz nichts geändert. Geändert hat sich lediglich ihre Bezeichnung. Da ist von „arbeitstherapeutischer Beschäftigung" die Rede und von den „Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen" des Gefangenen, die berücksichtigt werden sollen. Was die Gefangenen zum Arbeiten bewegt, sind jedoch drei ganz andere Gründe: Es sind die drohenden Disziplinarstrafen, die Einsamkeit und Leere des Knastalltags und schließlich die magere Entlohnung. Wir wollen in den folgenden Abschnitten zunächst einmal sehen, was es mit der Arbeit in U-Haft {Abschnitt 9.1.) und in Strafhaft (Abschnitt 9,2.) auf sich hat. Der darauf folgende Abschnitt geht auf die Arbeitsbedingungen eun und darauf, wie man auf Pensumshetze un dMssstände am Arbeitsplatz reagieren kann.

9.1. Arbeit in U-Haft

Du bist als Untersuchungsgefangener nicht zur Arbeit verpflichtet. Das heißt, Arbeit gilt als „Vergünstigung", die du über ein Anliegen bei der Anstaltsleitung extra beantragen musst Ausnahme: Du bist noch nicht 21 Jahre alt. Dann musst du aus „erzieherischen Gründen" arbeiten, vor allen Dingen, um dich an eine „regelmäßige Tätigkeit" zu gewöhnen. Allerdings steht dieser Arbeitszwang mangels ausreichender Arbeitsplätze meist nur auf dem Papier. Wenn du arbeiten willst oder musst, weil du von draußen kein Geld bekommst, musst du also Arbeit beantragen. Du wirst dann in der Regel auf eine Warteliste gesetzt, und es kann einige Monate dauern. Du wirst meistens Zellenarbeit bekommen. Es ist wirklich die Frage, ob es für dich viel bringt, den ganzen Tag allein in der Zelle mit den Einzelteilen von Kugelschreibern oder Wasserhähnen zu sitzen, um für ein horrendes Tagespensum vielleicht DM 5,- zu bekommen. Einen besonderen, strafmildernden Einfluss wird es jedenfalls nicht haben. Sinnvoller ist es da schon - soweit vorhanden - Gemeinschaftsarbeiten zu beantragen. Dafür musst du zuerst einen Antrag an deinen Haftrichter schreiben: „Hiermit beantrage ich gemäß § 4i Absatz 2 U-HaftVollÖdie Zustimmung zur Gemeinschaftsarbeit..." Kommt der durch, weil der Richter dich nicht für besonders gefährlich hält, schreibst du unter Bezugnahme auf diesen Beschluss ein Anliegen an die Anstaltsleitung. In diesem Anliegen musst du unmissverständlich klarmachen, dass du keine Zellenarbeit willst. Allerdings brauchst du jetzt immer noch etwas Glück, um Gemeinschaftsarbeit zu erhalten. Sonst kommst du auf eine Warteliste.

Der Verdienst

Was du als Untersuchungsgefangener an Geld „verdienst" gehört dir ganz. Du erhältst das gleiche Entgelt wie ein Strafgefangener. Wie man sich das ausrechnen kann, wird unten in Abschnitt 9.2. erklärt. Es gibt zwar in der U-Haft keine Arbeitspflicht, wenn du aber schon arbeitest, so darfst du die Arbeit nicht „zur Unzeit verlassen" (§43 Absatz 3 UHaftVollzO). Das ist eine sehr dehnbare Bestimmung, denn der Begriff „Unzeit" ist völlig unbestimmt. Damit will, die Anstalt sicherstellen, dass du den Arbeitsbetrieb nicht durch plötzliches Niederlegen der Arbeit in Schwierigkeiten bringst. Hier gibt es aber auch eine wichtige Ausnahme auf die du dich immer berufen kannst: Auf keinen Fall darfst du durch die Arbeit davon abgehalten werden, dich auf deine Verteidigung vorzubereiten. Mit dieser Begründung darfst du die Arbeit unterbrechen.

9.2. Arbeit in Strafhaft


Das neue Strafvollzugsgesetz hat hier eine ganze Menge „neuer" Vorschriften gebracht, die nach dem zweiten Blick meist gar nichts Neues bringen. Ein Teil der neuen Vorschrift wird erst in ein paar jähren in Kraft treten, andere vielleicht nie, weil sie zu viel kosten.

Zwangsarbeit und Gesetz

Natürlich normiert das neue Strafvollzugsgesetz die Zwangsarbeit (§ 41 Abs. 1). Als Strafgefangener bist du so im Prinzip verpflichtet, jede dir zugewiesene Arbeit zu verrichten. Gerade am Beispiel der Arbeitspflicht lässt sich erkennen, wieviel der Bundesrepublik ihr geschriebenes Recht wert ist; Das Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation, dem die Bundesrepublik Deutschland durch Gesetz vom 1.6.1956 zugestimmt hat,enthält zunächst die Verpflichtung, bestimmte Formen von Zwangsarbeit unverzüglich zu beseitigen. Vor allem wird jede Form von Zwangsarbeit aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung für unzulässig erkläre, die eine Vermietung des Gefangenen an Privatunternehmen vorsieht. Der freiwillige Arbeits­einsatz von Gefangenen für Privatunternehmen wird von dem Sachverständigenausschuß der internationalen Arbeitsorganisation nur dann für zulässig gehalten, wenn dem Gefangenen die Rechte eines freien Arbeitnehmers, wie übliche Entlohnung, Sozialleistung etc., gewährt werden. Und nun schaue man sich mal den Anteil der privaten Unternehmerbetriebe im bundesdeutschen Strafvollzug an: 72 Prozent! Der schon zwei Jahrzehnte ungetrübt andauernde Rechtsbruch wird durch § 41 Abs. 4 Strafvollzugsgesetz ein bisschen gekittet: Danach bedarf die Beschäftigung in einem privaten Unternehmerbetrieb nun der Zustimmung des Gefangenen. Die geforderte tarifliche Bezahlung und Einbeziehung in die Sozialversicherung ist aber vorerst nicht vorgesehen. Die Bundesrepublik sah sich erst aufgrund internationalen Drucks gezwungen, diese Vorschrift aufzunehmen. In Kraft tritt sie jedoch auch erst am 1.1.1982. Und bis dahin hat sich die Verwaltung einiges vorgenommen: Die Uiuernehmerbemebe sollen in ihrer Form umorganisiere werden. Die j VA soll nicht mehr nur die „Arbeitskräfte" zur Verfügung stellen und dem Unternehmer den Rest überlassen, sondern künftig selbst die Aufträge quasi als Lohnaufträge in eigener Regie übernehmen.Damit wäre das Unternehmen, in dem die Gefangenen arbeiten, formal nicht mehr „privat" und das Gesetz damit mehr oder weniger holnrie

Wann man nicht arbeiten muss

Natürlich wenn man krank ist. Krank ist man aber nur, wenn man vom Anstaltsarzt krankgeschrieben wird. Für längere Zeit arbeitsunfähig geschrieben zu werden, erfordert schon einiges Fingerspitzengefühl – selbst wenn man tatsächlich krank ist. Kurzfristige Krankschreibungen sind schon eher mal zu erreichen. Einige Hinweise, wie man sich gegenüber dem Anstaltsarzt verhält .findest du in Abschnitt 18.1.. Von der Arbeit freigestellt sind werdende und stillende Mütter für 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung. Aber auch außerhalb dieses Zeitraums gelten die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes (keine schwere Arbeit, ausreichende Zeit zum Stillen etc.). Freigestellt sind auch Gefangene, die über 65 Jahre alt sind. Hast du innerhalb eines Jahres (365 Tage) mindestens 238 Tage gearbeitet, so hast du ein Recht auf 18 Tage bezahlte Freistellung, also eine Art Urlaub im Knast (§42 Strafvollzugsgesetz). Er muss einen Monat vorher beantragt werden. Arbeitsausfall wegen Krankheit wird bis zu 6 Wochen jährlich als Arbeit angerechnet. Hast du jedoch in dem Jahr Hafturlaub bekommen, so wird der leider von der Freistellungszeit abgezogen. Aber nur, wenn du den Hafturlaub an Arbeitstagen genommen hast. Wochenend- oder Feiertagsurlaub darf nicht abgezogen werden. Hast du Haft-Sonderurlaub wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder dem Tod eines Angehörigen bekommen, so darf dir dieser ebenfalls nicht von der Freistellungszeit abgezogen werden.

Wenn man nicht arbeiten will

Willst du absolut nicht arbeiten und kannst keinen der beschriebenen Freistellungsgründe für dich nutzen, gelingt es dir z.B. nicht den Arzt von deiner Arbeitsunfähigkeit zu überzeugen, so bist du ein Arbeitsverwei­gerer. Die sind gar nicht so selten. Wie die Anstalt auf eine mehr oder weniger offene Arbeitsverweigerung reagiert, ist sehr unterschiedlich. Manchmal fällt es gar nicht auf, weil es ohnehin viel zu wenig Arbeitsplätze gibt und du durch bloßes Stillhalten von ganz allein bei der Verteilung leer ausgehst. Du musst aber schlimmstenfalls damit rechnen, zumindest die erste Zeit mit verschiedenen Hausstrafen unter Druck gesetzt zu werden (vergleiche Abschnitt 8.1. „Hausstrafen"). Es kann aber auch passieren, dass deine Arbeitsverweigerung sirmigerweise mit „Arbeitsverbot" bestraft wird. In der Regel wird man früher oder später in Ruhe gelassen. Aber die Arbeitsverweigerung erfordert nicht nur Durchhaltevermögen sondern auch den Verzicht auf die „Kleinigkeiten", die im Knast so wichtig sind: Wer nicht arbeitet, hat kein Geld und kann nicht einkaufen. Taschengeld erhältst du nur, wenn ohne eigene Schuld nicht arbeitest.

Wenn man die Arbeit wechseln will

Das ist nicht ganz einfach. Du kannst dich an die (wachsweichen) Formulierungen des Strafvollzuggesetzes halten, wenn du einen Arbeitsplatzwechsel beantragst: Bei der Zuweisung der Arbeit sollen „Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen (des Gefangenen) berücksichtigt" werden (§ 57) Und: Die Arbeit muss den „körperlichen Fähigkeiten" entsprechen. Der Gefangene muss zu ihr „aufgrund seines körperlichen Zustands in der Lage sein" (.§ 41). "Die größten Chancen wird man haben, wenn man mit Gesundheitsargumenten kommt: z.B. dass man keine schweren Sachen heben kann (allgemeine Schwäche, Rückenschmerzen), dass man keinen Lärm verträgt (Migräne), keinen Staub (Heuschnupfen, Allergien, Reizhusten) keine scharfen Gerüche von Farben, Lacke (Übelkeit) und ähnliches. Wenn man Zellenarbeit verrichten muss, aber lieber in einer Werkshalle mit anderen gemeinsam arbeitet, so kann man sich auf § 17 Strafvollzugsgesetz berufen. Dort heißt es: „Gefangene arbeiten gemeinsam". Allerdings: bis zum 1.1.1989 (!) muss sich die Anstalt nur daran halten, wenn es „organisatorisch möglich" ist.

Ausbildung und Weiterbildung

Eine Alternative zur Arbeit bietet sich eventuell in der Teilnahme an „Maßnahmen der Ausbildung und Weiterbildung" an. Das können z.B. Berufsausbildungen, Lehren, Fortbildungskurse, Umschulungen, Fernkurse oder auch ein Hauptschulabschluss sein. Du wirst dabei ganz oder teilweise von der Arbeit freigestellt und erhältst eine Ausbildungsbeihilfe (Vergütungsstufe 111, bei Hauptschulabschluss Vergütungsstufe II; wieviel das ist, siehe unten). Was in der Anstalt möglich ist, musst du erfragen. Sozialarbeiter und Pfarrer können dich vielleicht bei der Durchsetzung unterstützen. Ob du an einer Fortbildung teilnehmen willst, um der Arbeit zu entgehen oder ob dich die Ausbildung selbst interessiert, du musst in jedem Fall ein großes Interesse an dem beantragten Kurs etc. zeigen und möglichst konkrete Zukunftspläne mit dieser Ausbildung angeben. Voraussetzung für die Teilnahme ist nämlich, dass man dich hierfür als „geeignet" ansieht.

Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung

Die Arbeit außerhalb der Anstalt in einem „normalen" Arbeitsverhältnis. Dies war auch schon früher möglich, soll nun aber seit dem 1.1.1980 besonders gefördert werden. Auch die Ausbildung außerhalb der Anstalt soll möglich sein. Es gibt aber keinen Grund zur Hoffnung, dass dies ein Schritt zur Öffnung der Knäste sein wird. Zum sogenannten offenen Vollzug siehe Näheres in Abschnitt 10.6.. Unter „Selbstbeschäftigung" wird eine Art selbstständige Heimarbeit verstanden, also z,B. als Schriftsteller, Journalist, Maler, Kunsthandwerkliches, Gewerbetrei­bender etc. soweit dies überhaupt in der Zelle möglich ist. Bei der Durchsetzung der Selbstbeschäftigung, solltest du argumentieren, dass dies ja keine Mehrbelastung für die Anstalt darstellt und für deine Zukunft wichtiger ist, als stumpfsinniges Kugelschreiberdzusammenschrauben oder Wäscheklammernzusammenstecken.

Die „Arbeitsentlohnung"

Da gibt es ein kompliziertes System von Vergütungsstufen und Zulagen. Es wird zuerst das durchschnittliche Jahreseinkommen eines freien Arbeitnehmers im vorletzten Kalenderjahr errechnet. Soll also das Arbeitsentgelt für 1981 festgesetzt werden, so wird von dem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 1979 ausgegangen. Das waren etwa 27.700,-- DM im Jahr. Um nun den Tagesverdienst zu errechnen wird das ganze durch 250 Arbeitstage geteilt, was den Betrag von 110,80 DM ergibt. Die sogenannte Eckvergütung, die man als Gefangener erhält, sind ganze 5% (!) des durchschnittlichen Tageseinkommens eines freien Arbeiters, also 5,54 DM am Tag. Nun hat die Bundesregierung versprochen, den Ecklohn ab 1.1.1981 auf 10% des Durchschnittseinkommens zu erhöhen. Wir haben jedoch erfahren, dass dies hinter den Türen schon wieder zurückgenommen und auf unbestimmte Zeit verschoben worden ist. (Wahrscheinlich werden mit dem eingesparten Geld noch ein paar neue Sichtblenden vor die Zellenfenster gesetzt, Trennscheiben in die Besuchszimmer gebaut, ein paar mehr Nato-Drahtrollen auf die Gefängnismauern gelegt und ein paar neue Maschinenpistolen für die Wächter angeschafft). Die 5,54 DM pro Arbeitstag sind also der voraussichtliche Ecklohn für 1983. Die eigentliche Entlohnung ist jedoch in 5 Leistungs- und Vergütungsstufen aufgespalten:

TABELLE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

(Das Ganze ist geregelt in der Strafvollzugsvergütungsordnung (StVollzVergO), veröffentlicht im Bundesgesetzblatt I, 1977, Seite 57). Daneben sind Zulagen zum Grundlohn vorgesehen - immer auf der Grundlage der jeweiligen Vergütungsstufe: bis 5 % bei Arbeiten unter erschwerten Bedingungen, d.h. Arbeiten die Reizwirkungen hervorrufen, die über das übliche Maß hinausgehen, wie Staub, Dämpfe etc. bis 5 % bei Arbeiten zu ungünstigen Zeiten, d.h. Tätigkeiten, die regelmäßig mindestens eine Stunde vor der üblichen Arbeitszeit beginnen oder mindestens zwei Stunden danach enden, oder nicht nur gelegentlich an freien Tagen ausgeführt werden müssen. • Etwas mehr bringen die Überstunden. Sie werden mit einem Aufschlag von bis zu 25 % „belohnt". Für Arbeiten im Zeitlohn (Akkord) sind bis zu 30 % Aufschlag vorgesehen. Für Arbeiten im Leistungslohn bis zu 15 %. Die Höhe des Arbeitsentgelts muss dir schriftlich bekanntgegeben werden. Diese ganzen Berechnungen gelten natürlich nicht für Freigänger und in Selbstbeschäf­tigung Arbeitende, die erheblich mehr verdienen können,

Arbeitslosenversicherung (§ 194 StVollzG)

Obwohl du als Gefangener nicht weniger schuften musst als draußen, bist du weder kranken- noch rentenversichert. Dass dies demnächst geändert werden soll, davon ist zwar immer die Rede, bisher wurde es aber von Jahr zu Jahr verschoben und so wird es wohl auch noch eine ganze Weile weitergehen. Du. bist aber als Gefangener unter bestimmten Voraussetzungen in der Arbeitslosenversicherung, das heißt, du hast dann nach dem Knast möglicherweise Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das ist sehr vorteilhaft, denn auf das Arbeitslosengeld besteht im Gegensatz zur Sozialhilfe ein Rechtsanspruch ohne Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse und ohne Rückzahlungspflicht, Außerdem ist es erheblich mehr. Du hast schon dann einen Anspruch, wenn du Arbeitslosengeld als Arbeitnehmer oder Gefangener beitragspflichtig warst. Sitzt du also nur eine kurze Zeit, und hast du vorher schon mindestens ein halbes Jahr gearbeitet, so ist diese Regelung für dich ohnehin nicht von Belang. Als Gefangener bist du beitragspflichtig, wenn du Arbeitsentgelt oder Ausbildungsbeihilfe erhältst. Mit der Beitragszahlung hast du allerdings nichts zu tun, das macht automatisch das Land. Dafür kann dir die Anstalt bis zu 1,5 *k deiner Bruttobezüge abziehen, was sie meist auch tun wird. Wenn du schon arbeitest, solltest du also darauf achten, dieses halbe Jahr vollzukriegen. Die Arbeitsverwaltung hat dir eine Bescheinigung über diese Zeit auszustellen.

9.3. Die Arbeitsbedingungen

Immer mehr gehen die Knastbetriebe dazu über, nach modernen Methoden der Antreiberei zu arbeiten. Eine Art, die Gefangenen gegeneinander arbeiten zu lassen, ist das gemeinsame Pensum. Mehrere Gefangene erhalten für ein tägliches Pensum zum Beispiel die gleiche Entlohnung pro Person. In dem was der einzelne Gefangene in dieser Gruppe leistet, wird es nun gewisse Unterschiede geben. Es gibt ja immer welche, die um jeden Preis auf ein hohes Pensum kommen wollen, um ein paar Mark mehr zu bekommen. Das sind dann diejenigen, die die andern dazu antreiben, mehr zu arbeiten, um das sowieso schon hochgetriebene Pensum zu erfüllen und überzuerfüllen. Das Pensum wird auf diese Weise immer höher getrieben. Wer nicht soviel arbeiten will, wird entfernt, und es kommen solche, die das hochgetriebene Pensum für „natürlich" halten, weil man ihnen erklärt, dass ihre Vorgänger ja „auch soviel" geschafft hätten. In manchen „Großbetrieben" im Knast sind die Arbeiten im Akkord organisiert. Die Arbeitsvorgänge sind in kleinste Einzelabschnitte zerlegt, zum Teil wird auch an „Bändern" gearbeitet. Um den Arbeitsablauf nirgendwo stocken zu lassen, wird gewöhnlich die Zeit, die jeder einzelne „Bandarbeiter" braucht, um seinen Teil der Arbeit zu verrichten, mit der Stoppuhr gemessen. Man errechnet dann, wie man die Bänder besetzen muss, um den Fluss der Arbeit in Gang zu haken und keine Pausen durch „Engpässe" bei einem besonders schwierigen Teil entstehen zu lassen. Die Zeiten, die der einzelne Arbeiter braucht, um seinen Teil fertigzustellen, sind meistens zu kurz bemessen »schon deswegen, weil sich der betreffende Bandarbeiter, dessen Zeit der Beamte abmisst, beobachtet fühlt und sich deswegen gezwungen sieht, einigermaßen „normal" oder auch noch viel zu hastig zu arbeiten. Auf diese Weise entsteht eine ganz unwirkliche Bandschnelligkeit - wenn nämlich die zu kurz bemessenen einzelnen Arbeitsabschnitte addiert werden, Wer sagt, dass das im Knast nicht möglich ist, sollte da nicht zu vorschnell urteilen. Es gibt natürlich viele kleine Werksbetriebe im Knast, die geradezu mittelalterlich-gemütlich dahinwerkeln und wo nicht mal die „Betriebsleitung" daran interessiert ist, dass es schneller geht. Beamte sind eben wenig geeignet für den Betrieb von Fabriken. Arbeitshetze ist ihnen normalerweise etwas Unbekanntes, weil sie selbst dafür nicht besser bezahlt werden als für das, was sie sonst tun, wenn sie auf der faulen Haut liegen. Aber es gibt inzwischen auch sehr „moderne" Betriebe, in denen die Bandgeschwindigkeit höher ist, als beim selben Betrieb draußen.

Arbeitshetze

Es ist dir natürlich klar, dass die ganze Antreiberei nur dadurch entstehen kann, dass jeder für sich keine Schwierigkeiten haben will. Die Schwierigkeiten, die jeder nicht haben will, kriegen dann alle zusammen, indem sie sich gegenseitig totarbeiten. Es hilft dir aber zum Beispiel nichts, wenn du dich stur stellst und langsamer arbeitest. Solange das die andern nicht auch tun, wirst du nur zum Arger aller andern. Das Band stockt, und du bist eindeutig derjenige, der es stocken lässt Ein paar Tage später bist du ausgewechselt, und dann sitzt da einer, der nicht solche Schwierigkeiten macht. Es hilft also nur, wenn du den andern klarmachst, dass es Idiotie ist, wie ihr arbeitet - dass ihr euch gegenseitig kaputtmacht - dass man euch so auseinanderdividiert hat, dass man alles aus euch herausholen kann. Das Beste wäre, sich darauf zu einigen, am nächsten Tag alle zusammen langsamer zu arbeiten und am übernächsten Tag noch etwas langsamer und am darauffolgenden Tag ganz langsam. Sollen die Grünen sich den Kopf zerbrechen, woran das liegt, euch kann man einzeln nichts nachweisen. Es sollte verhindert werden, dass einzelne, deren Zeit die Stopper für zu langsam halten, gegen andere, Neue, ausgetauscht werden, die noch nicht wissen, wo's lang geht. Schwieriger ist es, wenn du allein auf deiner Hütte, arbeitest. Die sagen dir, soundsoviel musst du erreichen. Da ist dein Nachbar, der auch soundsoviel Kugelschreiber zusammensteckt, und seit jeher ist das schon immer so gewesen. Und du merkst, dass du da einfach nicht mitkommst. Das müssen die reinsten Kugelschreiber-Schnellzusammensteck-Automaten sein, die da neben dir arbeiten. Die wahrscheinlich bis „Licht-aus" arbeiten und noch Lichtverlängerung dazu kriegen, um noch ein paar Stunden länger Um diese Forderungen nach außen zu bringen, haben wir im Anhang eine Liste von Anschriften der in Frage kommenden Organisationen zu­sammengestellt.

9.4. Geld

Das Geld spielt, wie überall, so auch im Knast eine wichtige Rolle, und daran kann man auch den inneren Zustand einer Knastgemeinschaft erkennen - nämlich wie sie mit ihrem Geld umgeht. Es ist in jedem Fall ein Gradmesser für den Zusammenhalt der Gefangenen, ob in einem Knast, auf einer Station Geld gemeinsam verwendet wird oder nicht, beim Einkauf usw. Weil das Geld eine so wichtige Rolle spielt, muss man dieses Problem als Einzelner wie als Knastgemeinschaft planvoll angehen. Wenn man keines hat, dann braucht man dazu entweder die Überlegung, wie man welches bekommt oder wie man ohne Geld auskommen kann. Es ist möglich, ohne Geld im Knast auszukommen, wenn man nicht grade Raucher ist. Es ist möglich, mit wenig Geld auszukommen und es ist auch möglich, mit wenig Geld viel zu verbrauchen, wenn man das Geld von vielen gemeinsam verwendet und vermeidet, bestimmte Dinge doppelt zu kaufen, z. B. Bücher, Zeitschriften und ähnliches. Das Geld spielt auch eine Rolle als Erpressungsmitte], das die Administratoren gegen einzelne einsetzen, indem sie ihnen das Geld entziehen oder damit drohen. Sie versuchen Arbeit oder andere „Dienstleistungen" zu erpressen - und „Ruhe und Ordnung". Wie man das Geldproblem löst, dafür gibt es keine Patentrezepte. Aber es wird in jedem Fall eine Lösung geben, wenn man eine Lösung gemeinsam versucht. Als Einzelner kann man eigentlich nur dafür sorgen, dass man rationell einkauft und dass einem das Geld nicht vom Konto von den Administratoren weg gebucht wird. Gemeinsam kann man mehr erreichen. Es ist schon absurd, dass man über so wenig Geld so viele Worte verlieren muss Aber noch mehr als draußen ist im Knast alles was mit Geld zu tun hat kompliziert und bürokratisch. Wir wollen hier anhand von drei Fragen mal versuchen, die Sache etwas durchschaubarer zu machen; Wie man zu Geld kommt Über welches Geld du verfügen kannst

Über welches Geld du in der U-Haft verfügen kannst

Du darfst im Prinzip dein ganzes Geld für den Einkauf verwenden. Denn es gibt in der U-Haft keinen Rücklagenzwang - es sei denn du bist im Jugend­vollzug. Aber: Nach der U-Haft-Vollzugsordnung (Nr. 51 Abs. 1) muss dabei „der Rahmen einer vernünftigen Lebensweise" eingehalten werden -als gäbe es an der aufgezwungenen Lebensweise im Knast irgendetwas „Vernünftiges". Was vernünftig ist, bestimmt jedoch die Knastbürokratie, die nicht selten per Hausordnung den Einkauf generell beschränkt: Zwischen 80 und 100 Mark für Erwachsene und. 50 - 70 Mark im Monat für Jugendliche - je nach dem Knast. Bei Jugendlichen wird oft darüber hinaus noch die Menge von Tabak, Kaffee und Tee beschränkt. Fragt man nach, weichen Zweck diese Beschränkungen verfolgen, so erfährt man , dass diese Regelung deiner „Gesundheit dient" - du sollst ihr nicht schaden, indem du zu viel Bonbons isst und Zigaretten rauchst. Abgesehen davon, dass du sonst von dieser Sorge um deine Gesundheit nur wenig spürst: Zum Einkauf gehört schließlich auch die Beschaffung von Toilettenartikeln, Arznei- und Kräftigungsmitteln (soweit vom Arzt genehmigt), also Dinge, die gerade deiner Gesundheit nützen. . Versuche gegen diese Beschränkung vorzugehen. Es kann sinnvoll sein, einen entsprechenden Antrag an den Haftrichter zu stellen und, falls ein positiver Bescheid kommt, diesen gegen die Anstalt auszuspielen versuchen (lies dazu Abschnitt 23.1. „Rechtsmittel in der U-Haft"). Zwar trifft diese Beschränkung zunächst mal nur diejenigen Gefangenen, die überhaupt etwas mehr Geld haben, sie verhindert aber auch, dass diese Gefangenen ihr Geld für andere, die es nötig haben, einsetzen können. Nötig haben es meist Neu­zugänge, Opfer von Hausstrafen oder einfach Mittellose. Für diese könnten andere mit einkaufen. Für Erledigungen außerhalb des Knastes - z.B. die Überweisung nach draußen an Freunde oder Familie - gibt es keine Beschränkungen. Als jugendlicher Untersuchungsgefangener bist du ja zur Arbeit verpflichtet. Die Arbeitsbelohnung zerfällt dabei in Hausgeld (2/3) und Rücklage (1/3). Die Rücklage darfst du während deiner Haftzeit nicht anrühren. Ausnahme: Wenn du unverschuldet arbeitslos bist - was mangels Arbeit die Regel ost- kann dir ein monatlicher Betrag aus der Rücklage für Einkäufe freigegeben werden.

Über welches Geld du in Strafhaft verfügen kannst

Die Verfügung über „dein" Geld ist in der Strafhaft sehr viel komplizierter und beschränkter. Von deinen monatlichen Bezügen aus Arbeitsentgelt oder Ausbildungs­beihilfe darfst du 2/3 für den Einkauf oder anderweitig benutzen - das sogenannte „Hausgeld" (§47 Strafvollzugsgesetz). Beziehst du dein Einkommen aus einem freien Beschäftigungsverhältnis, als Freigänger oder durch Selbstbeschäftigung, so setzt die Anstalt ein „angemessenes Hausgeld" fest: Hier wirst du also in der Regel weniger als 2/3 der Einkünfte als Hausgeld bekommen. Du darfst dein Hausgeld aber auch für andere Zwecke einsetzen; auch für deine Mitgefangenen. Falls dir dabei Schwierigkeiten gemacht werden, dann versuche es mit rechtlichen Mitteln durchzusetzen. Das Überbrückungsgeld - also das letzte Drittel des Arbeitsentgelts – ist für die Zeit nach der Entlassung. Es soll dich und deine Familie nach der Entlassung 4 Wochen lang ernähren. Es soll mindestens das Zweifache der jeweils festgesetzten monatlichen Mindestbeträge der Sozialhilfe betragen, :zur Zeit etwa 620,-DM bei Alleinstehenden. •Es kann aber auch von dem Anstaltsleiter, der glaubt, deine Situation beurteilen zu können, ein höherer Betrag festgesetzt werden. Wenn' du nicht automatisch über die Höhe deines Überbrückungsgeldbetrags informiert bist, dann beantrage Aufklärung in einem Anliegen. Solange du inhaftiert bist, kannst du die Rücklage nicht antasten. Ausnahme: Für Ausgaben, „die der Eingliederung des Gefangenen dienen", die freundliche Genehmigung des Anstaltsleiters vorausgesetzt (551 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz). Du kannst die verzinsliche Anlegung des Überbrückungsgeldes beantragen. In manchen Bundesländern richtet die Anstalt dann für dich ein Sparkonto ein. Dein Taschengeld darfst du unbeschränkt ausgeben. Es ist ja auch wohl viel zu wenig, um noch etwas davon abzuziehen. Unter dem „Eigengeld" versteht man alles, was jetzt noch übrigbleibt: fast alles, denn es kann dir immer noch etwas offiziell weggenommen werden (siehe dazu weiter unten). Zum Eigengeld gehört zunächst das, was du in den Knast mitgebracht hast oder dir Angehörige und Freunde überwiesen, haben. In dem Moment, wo du die Rücklage „voll" hast, also kein Überbrückungsgeld mehr vom Arbeitsentgelt abgezogen wird, ist auch abgezogen werden. Wichtig: Hausgeld, Taschengeld und Überbrückungsgeld sind für derartige Abzüge tabu; dürfen also von der Anstalt nicht angerührt werden! Es wird dich inzwischen nicht mehr verwundern, dass es auch hier wieder eine gegen dich gerichtete Sonderregelung gibt: Verursacht ein Gefangener der Anstalt dadurch Kosten, dass er „vorsätzlich oder grob fahrlässig" sich selbst oder einen Mitgefangenen verletzt, so kann zum Ersatz des Schadens auch sein Hausgeld angerührt werden. Lediglich 30 Mark des Hausgel­des müssen sie dir übrig lassen. Der Gefangene, der in seiner Verzweiflung einen Selbstmordversuch unternimmt, soll nun auch noch mit Einkaufsbeschränkung dafür bestraft werden. Hier müsste es aber klar sein, dass der davon Betroffene von seinen Mitgefangenen mitversorgt wird. Lass dir die Höhe des tatsächlichen Schadens von der Anstalt genau nachweisen. Verlange Belege. Das ist sehr wichtig, denn diese Sonderregelung gilt nur für Ver­letzungen und somit dürfen nur die Kosten für die medizinische Versorgung vom Hausgeld abgezogen werden. I-ür Gegenstände, die gleichzeitig zu Bruch gegangen sind, dürfen die das Hausgeld nicht anrühren. Stelle gegebenenfalls einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Tue dies auch, wenn du der Ansicht bist, den Schaden nicht verursacht zu haben oder zumindest nicht „grob fahrlässig" gehandelt zuhaben. Einen solchen Antrag kannst du auch aus anderem Grunde in jedem Fall stellen: Nach § 93 Abs. 4 Strafvoüzugsgesetz muß die Anstalt auf das Geld verzichten, „wenn hierduch die Behandlung des Gefangenen oder seine Eingliederung behindert würde". Hierfür wird dir sicherlich schon eine Begründung einfallen. Man sollte es jedenfalls ruhig mal ausprobieren. Neben dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kannst du gleich auch noch eine Dienstaufsichtsbeschwerde schreiben. (Genauer kannst du dich im Rechtsmittelteil informieren.) Die Justiz hat es am einfachsten, wenn es darum geht, Schulden einzutrei­ben. Sie holt sich das Geld direkt von deinem Eigengeldkonto. Hier hast du aber verschiedene Möglichkeiten, dies zumindest hinauszuschieben: Für die Kosten des Strafprozesses stellst du einen Stundungsantrag. Vielleicht erreichst du die Zurückstellung wenigstens für die Dauer der Haft. Das gilt auch für eventuelle Geldstrafen aus anderen Strafprozessen. Hier mußt du durch die Stundung zu verhindern versuchen, daß die Geldstrafen gleich in Haft umgewandelt werden und sich deine Knastzeit dadurch noch verlängert. Bei Rechtsmittelkosten solltest du immer vorher einen Antrag auf ProzesskostenhÜfe (Armenrecht) stellen (vergleiche Kapitel 25),

Nicht nur der Staat greift nach deinen lumpigen paar Mark, die du im Knast zusammenkriegst, sondern auch Privatleute, denen du Geld schuldest. Sie können mit Hiife eines Urteils eines Zivilgerichts dein Eigengeld pfänden lassen. Aber auch hier gilt: An das Hausgeld, das Taschengeld und das Überbrückungsgeld darf keiner ran. Dein Arbeitsentgelt könnte theoretisch direkt - d. h. bevor du es überhaupt gutgeschrieben bekommst - teilweise weggepfändet werden, wenn die Rücklage schon abgedeckt ist. Pfändbar wäre dann also 1 /3 des Arbeitsentgelts, daß ja dann zu Eigengeld geworden ist. Dies dürfte aber nur dann geschehen, wenn dieser Betrag die Pfändungsfreigrenze von 559.--DM überschreiten würde, was aber im Knast selbst dem Fleißigsten nicht passieren kann. Daraus folgt: Dein Arbeitsentgelt darf praktisch nicht wegge-pfa'ndet werden! {§ 850 c Zivilprozeßordnung). Natürlich gibt es hier wieder zwei Ausnahmen: Schulden wegen Unterhaksverpfüchtungen und wegen vorsätzlicher Schädigungen dürfen auch unter die Grenze von 559,-- DM gepfändet werden. Das Ganze bedeutet also; Solange du nichts sparst, kein eigenes Geld mitgebracht hast und auch nichts von draußen überwiesen bekommst, kann dir (von den genannten Ausnahmen abgesehen) nichts weggenommen werden. Dies ist z. B. Dann interessant für dich, wenn du häufig gerichtlich gegen die Anstalt vorgehst: Die Rechtsmittelkosten können dann praktisch nicht eingetrieben werden. Das heißt natürlich nicht, daß du jetzt immer alles schnell verbrauchen mußt und nichts sparen darfst .denn es gibt da noch einen anderen Ausweg, einer drohenden Pfändung oder Aufrechnung zu entgehen: Du überweist vor Monatsende dein ganzes übriggebliebenes Eigengeld an Freunde oder Angehörige draußen, wobei du es als „Unterhaltsbeitrag", „Schuldentilgung" oder auch einfach als „Geschenk" deklarierst. Das Geld ist dann offiziell nicht mehr deines und daher unantastbar. Deine Leute draußen können dann für dich sozusagen eine freie Eigengeldkasse einrichten und dir immer nur den gerade benötigten Betrag zurücküber­weisen - und zwarstets unter Angabe des Verwendungszwecks (Rundfunk­gerät etc.) und natürlich auch wieder offiziell als „Geschenk". Noch einfacher ist es, wenn die anfallenden Rechnungen fürdeine Anschaffungen direkt von draußen beglichen werden. Die freie Geldkasse hat noch mehr Vorzüge: Man kann sie gemeinsam anlegen und benutzen. Und man kann Mitgefangenen aushelfen, indem man ihnen direkt von draußen etwas überweisen läßt, ohne daß sich die Anenlt j-U rAinhäno^n kann

Ernährung

Muesli: Die Grundlagen sind Haferflocken. Vorteil: relativ billig, gesund und hakbar. Man kann sie je nach Geschmack und Vorrat mit Nüssen, Rosi nen, Früchten, Marmelade, Honig oder Zucker (wenn nötig), Kakao oder Zimt mischen. Dann gießt man etwas Milch, Joghurt, Fruchtsaft oder zur Not geht auch Wasser darüber und löffelt es.

Frische Salate: Für die Salatsoße gibt es verschiedene Möglichkeiten: Salatöl, Essig oder Zitronensaft, Saht, Pfeffer u. a. Gewürze, getrocknete Salatkräuter (z. B. Dill). Statt des Öls kann man als Soßengrundlage auch Joghurt, Dickmilch oder mit Wasser oder Milch leicht verdünnten Quark nehmen. Alles vermischen und abschmecken. Das ganze gießt man dann über das frische Gemüse: z. B. kleingeschnittene Gurken, Tomaten, Paprika, Zwiebeln oder was man halt beim Einkauf bekommen hat. Man kann auch mal eine Orange, eine Banane oder einen Apfel in den Saiat mit reinschneiden. Rase, in kleine Würfel geschnitten unddaruntergemischt, schmeckt auch nicht schiecht.

Obstsalate: Verschiedene Früchte werden in kleine Stücke geschnitten und mit Rosinen, Nüssen und Marmelade vermischt. Darüber etwas saure Sahne, Joghurt oder verdünnten Quark - wenn man wäll leicht angesüßt.

Quarkspeisen: süß: einfach Obstsaft in den Quark gießen und/oder kleingeschnittene oder zerdruckte Früchte dazu mischen. Bei Bedarf Zucker. scharf: Quark mit etwas Milch, Joghurt oder Wasser verdünnen, jetzt kann man herumexperimentieren: kleingehacktes frisches Gemüse, Zwiebeln, verschiedene Kräuter und Gewürze, Ketch-Up, Meerrettich und/oder vieles mehr, z. B. ein rohes Eigelb.

Heißes Wasser

Heißes Wasser dann zu haben wenn man es braucht, ist im Knast ein Problem. Und man kann es eigentlich dauernd gebrauchen für Tee, Kaffee oder gar um sich eine Suppe oder ähnliches zuzubereiten. Es gibt meist nur einmal am Tag - beim Frühstück - die Gelegenheit sich heißes Wasser geben zu lassen. Für den restlichen Tag ist es aber nur verwendbar, wenn du eine Thermosflasche besitzt. Eine Hilfsmethode ist es, Wasser in einer Plastiktüte zwischen die Rippen des Heizkörpers zu klemmen. Das geht natürlich nur bei entsprechendem Heizkörper und nur im Winter. Außerdem ist das Wasser mehr warm als heiß. Da Not bekanntlich erfinderisch macht, sind im Knast noch eine Reihe anderer Methoden entwickelt worden. Sie sind durch die Hausordnung verboten und können daher mit Hausstrafen verfolgt werden: Dazu gehört der legendäre Tauchsieder. In wenigen Knasten haben wenige Gefangene eine Steckdose in ihren Zellen und dürfen richtige Tauchsieder benutzen, in den normalen Zeilen hilft man sich mit zwei Rasierklingen oder zwei Konservendeckeln aus, zwischen die man Streichhölzer legt, sodaß die beiden Placten übereinander liegen, ohne Kontakt zu haben. Das Ganze wird dann mit stabiler Schnur oder gut isoliertem Draht zusammengebunden. An jede Platte wird dann ein Kabel angeschlossen. Die beiden Platten werden dann in das Wassergefäß - das keine Konservendose sein darf (Kurzschlußgefahr) - gehängt und die Kabelenden an die Stromquelle (Zellenbeleuchtung) angeschlossen. Eine andere Möglichkeit ist, das Wasser in einer Konservendose über einer seibstgebastelten Kerze aus Margarine oder Salatöl und dicker Schnur (Docht) zu erhitzen. Kerzen kann man sich aber vielleicht auch beim Einkauf besorgen oder - wenn es da nicht geht - beim Pfarrer. Beide Methoden haben erhebliche Nachteile: Die erste ist lebensgefährlich. Es gab schon viele Stromunfälle, besonders beim Anschließen der Kabel. Außerdem kommt es sehr leicht zu verräterischen Kurzschlüssen. Die seibstgebastelte Kerze verursacht einen solchen Qualm und Ruß, daß der Genuß einer Tasse Kaffee mit dieser Luftverpestung in der Zelle teuer bezahlt ist. Brauchst du aus gesundheitlichen Gründen heißes Wasser - etwa für Kamillen-Tee bei Magenbeschwerden - so.solltest du nicht.zögern, die „Klappe" zu drücken und über die Sprechanlage heißes Wasser zu verlangen. Reagieren die nicht, dann verlange nach einem Sanitäter. Schreib notfalls ein Anliegen, daß du künftig bei derartigen Beschwerden dein leißes Wasser bekommen willst. Schreib eine Dienstaufsichtsbeschwerde ;egen die Beamten, die dir das heiße Wasser verweigert haben (lies im lechtsmittelteil Abschnitt 26.1! nach, wie man das macht).

Essen von draußen

in der U-Haft gibt es die Möglichkeit, sich das Essen in einer von der nscaltsleitung ausgesuchten Gaststätte zu bestellen. >as ist natürlich wahnsinnig teuer und bedeutet außerdem ein Privileg gegenüber den mittellosen Gefangenen. ber vielleicht gibt-es mal einen besonderen Anlaß, zu dem man sich diesen .ixus leisten will: z. B. wenn du nach hundert Fehlschlägen die erste :schwerde erfolgreich durchgebracht hast.

Wie man auf die Knastküche Einfluß nehmen kann

Religiöse Speisegebote:

Du kannst z.B. als Angehöriger jüdischen oder islamischen Glaubens verlangen, kein Schweinefleisch vorgesetzt zu bekommen. Strenge religiöse Vorschriften wie z. B. das koschere Essen der orthodoxen Juden wird dir die Knastküche aber nicht zubereiten. Hier wäre höchstens möglich, daß man durch eine Gefangenbetreuung der entsprechenden Religions­gemeinschaft versorgt wird. Medizinische Anordnung: Eine andere Möglichkeit, etwas anderes zu essen, kann man mit der Erklärung erreichen, auf Grund bestimmter Beschwerden eine Diät zu benötigen. Oder man gibt an, ganz bestimmte Sachen nicht zu vertragen. Als Vegetarier darfst du nicht sagen, daß du Vegetarier bist, sondern daß du kein Fleisch verträgst, es sofort wieder erbrichst oder Magenkrämpfe bekornmst. Ernst genommen wird dies alles jedoch erst, wenn der Anstaltsarzt eingeschaltet wurde und deine Essenwünsehe unterstützt. Eine Garantie ist das jedoch auch nicht. Allerdings darfst du dir auch keine allzu großen Hoffnungen machen,daß die Ersatzkost so sehr viel besser ist. Kollektiver Druck: Es gibt jedoch auch noch die Möglichkeit, auf das gesamte Knastessen . Einflußzu nehmen. In der Geschichte der Bambulen und Knastrevolten hat oft das schlechte Essen eine wichtige Rolle gespielt. Eine völlig ungenießbare Mahlzeit war nicht selten der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat. - Die Anstaltsleitung weiß das und fürchtet das. Das Essen ist für sie ein gefährlicher Punkt. Darin liegt vielleicht eine Chance. Durch massenhafte Beschwerden und möglichst auch durch das Einschaltenderöffentlichkeit,durch kollektives Verweigern einer Mahlzeit etc. kann man vielleicht etwas erreichen. Vor allem dann, wenn die Anstaitsieitung befürchten muß, daß hygienische Mißstände aufgedeckt werden könnten. Weiß man tatsächlich was bestimmtes - etwa Fälle von Fleisch- oder Fischvergiftungen, Salmonelieninfektionen, Kakerlaken, Mäusen, Ratten etc. - so. sollte man damit an die Presse. Auß?rdem kann man an das zuständige Gesundheitsamt schreiben und eine Petition an den Landtag richten. Vielleicht gibt es ja einen Abgeordneten der Opposition, der sich profilieren will. Vielleicht ist hier am Schluß dieses Abschnitts ein Hinweis auf die Gymnastik-Ratschläge im medizinischen Teil des Buches (im Abschnitt 13.1.) ganz angebracht. „Fitbleiben" ist natürlich dann besonders wichtig, wenn man viel ißt und sich wenig bewegt. Außerdem steht in Abschnitt 13.7. noch Näheres zum Thema Ernährung.

Der "alte" Ratgeber