12. Die Entlassung

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Der "alte" Ratgeber

12. Die Entlassung

Wenn du von deiner Entlassung ein paar Wochen vorher weißt, wenn du den Tag ausrechnen kannst —eigentlich schon seit deiner Verurteilung un­gefähr — dann trifft es dich vielleicht nicht so mit einem Schlag, aber wenn du ganz unvorbereitet bist und es heißt mit einemmal; Sie werden heute — oder morgen — entlassen, dann jagt es wie ein Stromschlag durch den Kör­per. Manche heulen vor Freude, andere stürzt es in ungeheure Aufregung und Verwirrung, weil sie das am allerwenigsten erwartet hätten, und über­haupt nicht wissen, was anfangen. Einige bauen sich in aller Eile alle mög­lichen Luftschlösser. Und auch die ganz Kühlen zittern innerlich vor Auf­regung. Mir ging es so, dass ich hinundhergerissen war zwischen Staunen, Neugier, Freude, Wut und Traurigkeit. Die Freiheit, die sie dir da geben, ist quasi verordnet, und mit einem Schlag, von einer Stunde auf die andre, sollst du deine besten Freunde verlassen, mit denen du über Jahre zusammen warst, und du weißt, dass sie noch einige Jahre da hocken werden. Ich war wütend, so herumgeschoben zu werden, aber ich war auch neugierig, richtig neugierig auf das, was mich wohl erwartet, draußen. Was ich dann, zuerst mal gefunden habe, da draußen, war eher ein Gefühl von „drinnen". So als hatte ich bisher auf einer Insel gelebt- und wäre aufs industrielle Festland gekommen. Was notwendig war, damit hatte ichs noch nicht mal schwer. Eine Wohnung und Geld vom Sozialamt. Aber ich bin rumgelaufen wie im Traum. Alles fremd, die Bewegung der Menschen, die gewaltigen Häuser, die Autos, der Lärm, ein ungeheurer Lärm. Und ich .eingeklemmt in dieser furchtbaren Maschine, die sich sinnlos bewegt. Der Knast bekam mit einem mal einen Schleier von fast klösterlicher Ruhe und Schutz. Mein ganzer Hass war zugeschüttet und meine Erinnerung hat nur winzige Momente freigegeben. Ich hab mich gefühlt, als hatte ich keinen Boden unter den Füßen, keine Kraft in den Händen. Die Freunde von früher waren mir fremd. Alles war mir fremd. — Ich hab andre getroffen, die kurz davor oder danach entlassen worden waren, die haben mir dasselbe erzählt. Freiheit. Spucken kann man drauf. Aber wir wollten auch nicht in den Knast zurück, das keinesfalls. Viele haben angefangen zu trinken oder wieder Heroin zu nehmen. Nichts sehen, hören, spüren. Das, was du notwendig tun musst, um nicht gleich wieder verhaftet zu werden, ist gerade das, was du am wenigsten vertragen kannst: Ämter und nochmal Ämter. Anmelden, ummelden, bei der Polizei melden, beim Ar­beitsamt melden, beim Sozialamt melden. Ich stell mir vor, dass es ein bisschen erleichternd ist zu wissen, dass es nicht nur dir so geht, dass der kraftlose Zustand nicht ewig dauert. Dass du alle Konzentration und Sturrheit zusammennehmen musst, um das notwendigste zu erledigen und gleichzeitig nicht aufgefressen zu werden. Sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen, ist nicht nur eine Frage nach der Entlassung, sondern eine dauernde.

12.1. Vor der Entlassung

Du brauchst, wenn du rauskommst, Wohnung, Geld — das heißt meistens: Arbeit — und alle möglichen Papiere. Einiges kannst du dafür schon von drinnen aus schriftlich oder.in deinem Entlassungsurlaub regeln.

Wohnung

In fast allen größeren Städten gibt es eine kommunale Wohnungsvermittlung. Wenn du die Voraussetzungen für eine Sozialwohnung erfüllst — dein Einkommen darf eine Höchstgrenze von !.800,- DM (bei Alleinstehenden) nicht überschreiten —, solltest du dir möglichst frühzeitig, mindestens ein halbes Jahr vor der Entlassung, vom Sozialarbeiter einen Antrag für das „Wohnungsamt" geben lassen. Wenn du in eine andere Stadt entlassen werden willst, musst du.das Antragsformular bei der Stadtverwaltung, Amt für Wohnungswesen, der betreffenden Stadt anfordern. Beim Ausfüllen des Formulars musst du meist den Grund dafür angeben, warum du eine Wohnung brauchst. Der Vermerk: „z.Zt. in Haft" genügt als Begründung. Wenn du Wünsche bezüglich Größe, Lage etc. machen kannst, mach sie ruhig so präzise, wie du kannst. Sie müssen eh nicht berücksichtigt werden. Bleibe aber hin-, sichtlich deiner Vorstellungen über die Miethöhe realistisch: denn nur so lange, wie du nach deiner Entlassung keine Arbeit (und nur geringes Arbeitslosengeld) hast, zahlt das Sozialamt die Miete — sobald du selbst verdienst, musst du selbst die Miete zahlen.

Arbeit

Wenn du eine Arbeit brauchst, eine Umschulung machen willst oder ähnliches, er­kundige dich bei einem Sozialarbeiter oder Mitgefangenen, ob jemand vom Arbeits­amt zu Beratungsstunden in die Anstalt kommt. Wenn nicht, musst du -diese Bera­tung im Rahmen deines Entlassungsurlaubs oder von Ausgängen persönlich aufsuchen. In der Regel vermitteln die Kontaktvermittler der Arbeitsämter nur bei vollständigen Papieren, d.h. dass du folgende Papiere benötigst:

-Haftentlassungsschein

-Arbeitsbescheinigung der Anstalt

-Polizeiliche Anmeldung( falls kein Personalausweis vorhanden)

-Lohnsteuerkarte( sofern vorhanden)

-Versicherungsnachweis( sofern vorhanden)

-Arbeitsnachweis( sofern vorhanden)

Bei Migrant_Innen

-letzte Arbeitserlaubnis (sofern vorhanden)

-Reisepass

-Aufenthaltserlaubnis

Bei der Beschaffung der fehlenden Papiere solltet ihr ruhig euren Sozialarbeiter/ Sozialdienst zur Mithilfe bewegen. Wenn sonst schon wenig rüberkommt, so ist ihnen zumindest die institutionelle/ bürokratische Spielweise nicht fremd.

Urlaub und Entlassung

Üblicherweise bist du vor Ablauf deiner Strafe bereits urlaubsberechtigt (s. Ab­schnitt 10.6.Urlaub, Ausgang, offener Vollzug). Zusätzlich stehen dir innerhalb von drei Monaten vor .deiner Entlassung bis zu 7 Tage „Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung" zu (Strafvollzugsgesetz § 15 Abs. 3). Als Freigänger kannst du während der letzten neun Monate bis zu 6 Tagen pro Monat bekommen. Der Entlassungsurlaub kann dir zusammenhängend oder in Form von einzelnen Ausgängen oder Kurzurlauben gewährt werden. Neben Gängen zu Vermietern oder Arbeitgebern kannst du während dieser Urlaube auch deine Papiere auf den neusten Stand bringen.

Papiere

Polizeiliche Anmeldung: Wenn du an deinem alten Wohnsitz noch gemeldet bist und dort nicht mehr hinwillst, kannst du die Abmeldung vom dortigen Einwohner­meldeamt schriftlich beantragen. Die Abmeldung ist Voraussetzung für deine Neu­anmeldung. Hast du keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz mehr, so genügt für die Neuanmeldung der Entlassungsschein. Wenn du schon weißt, wo du nach deiner Entlassung wohnen kannst, solltest du dich schon bei einem deiner Entlassungs-Ausgänge polizeilich melden. Dafür brauchst du: die Abmeldung vom alten Wohnsitz, Urlaubs- bzw. Ausgangsschein, schriftliche Einverständniserklärung der Anstalt, dass du dich abmeldest. Die Anmeldung brauchst du z.B. für das Sozialamt.

Lohnsteuerkarte: Du bekommst sie von der „Lohnsteuerkartenstelle" der Stadt­verwaltung derjenigen Stadt, in der du am 20. September des vergangenen Jahres ge­meldet warst. Wenn du da nicht gemeldet warst und auch bei Verlust, genügt der Nachweis,.dass du dich zu dem Zeitpunkt dort tatsächlich aufgehalten hast. Wenn du bereits in Haft warst, muss dir die Stadt, in der der Knast liegt — in dem du ja auch gearbeitet hast — die Lohnsteuerkarte ausstellen. Wenn die Karte im letzten September an eine Adresse geschickt worden ist, wo du nicht mehr warst, kannst du dort formlos schriftlich eine Zweitschrift verlangen – gegen Briefmarken für Porto und Verwaltungsgebühr von 3,- DM.

Nachweis versicherungspflichtiger Tätigkeit: Falls du keine Unterlagen mehr für Arbeiter oder Angestellten-Rentenversicherung hast: Seit 1.1,73 gibt es „Scheckhefte", statt der bisherigen Versicherungskarten. Falls du Angestellte_r bist, musst du dich in jedem Fall wegen der Unterlagen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wenden. Schreib dorthin, dass du, da deine Unterlagen verloren gegangen sind, darum bittest, dir deine Versicherungsnummer mitzuteilen oder dir „die ihnen vorliegenden Nachweise über meine bisherige versicherungspflichtige Tätigkeit in Kopie“ zuzusenden. Wenn du Arbeiter_In bist, musst du dich an die nächstliegende Landesversicherungsanstalt wenden.

Ausweise: Wenn Reisepass und der Personalausweis verloren gegangen sind, musst du, um eins von beiden neu ausgestellt zu bekommen, deine Geburtsurkunde bei der polizeilichen Meldestelle vorlegen. Wenn die allerdings auch nicht greifbar ist, musst du eine Zweitschrift der Geburtsurkunde beim Standesamt deines Geburtsortes verlangen. Verlängerung eines abgelaufenen Ausweises beantragst du bei derselben Steile, bei der du dich auch polizeilich anmeldest.

Der Entlassungszeitpunkt

Du hast ein Anrecht darauf, an deinem Entlassungstag „möglichst frühzeitig, jeden­falls noch am Vormittag" entlassen zu werden. (Strafvollzugsgesetz § 16 Absatz 1). Wenn dein Entlassungstag auf einen Samstag oder Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, auf den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten („Osterdienstag", „Pfingstdienstag") fällt, dann kannst du am vorhergehenden Werktag entlassen werden. Das. heißt: du solltest in jedem Fall einen Antrag darauf stellen (ein „Anliegen"). Eine Möglichkeit vorzeitiger Entlassung am vorhergehenden Werktag.besteht außerdem auch, wenn dein Entlassungstag „in die Zeit vom 22.12. bis 2.1." fällt (so­genannte „ Weihnachtsamnestie"), Unabhängig davon kannst du grundsätzlich „bis zu zwei Tagen" vorzeitig entlassen werden, „wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass der Gefangene zu seiner Ein­gliederung hierauf angewiesen ist".

Außenkontakte

In vielen Anstalten ist es üblich, dass Sozialarbeiter von Stellen, die sich um Ent­lassene kümmern, in die Anstalt kommen. Es kann sinnvoll sein, sich die zumindest anzugucken — vielleicht können die im „Ämterkrieg" konkrete, praktische Hilfe leisten. Auch Bewährungshelfer kommen zuweilen in die Anstalt.

Unmittelbar vor der Entlassung

Unmittelbar vor deiner Entlassung kannst du bei deinem Sozialarbeiter einen Antrag darauf stellen, mit „ausreichender" Kleidung entlassen zu werden, denn die Anstalt ist dazu verpflichtet, dir „erforderlichenfalls ausreichende Kleidung" zu geben. Wenn du darauf verzichtest, sollte allerdings auch auf dem Entlassungsschein nichts von ausreichender Kleidung stehen. Dann hast du es leichter, vom Sozialamt „Kleidergeld" zu bekommen. Lass dir vom Sozialarbeiter auch einen Nachsendeantrag für die Post geben. Für deinen späteren Weg zum Sozialamt kann es sinnvoll sein, dir bereits in der Haft vom Sozialarbeiter ein Exemplar des Sozialhilfegesetzes (BSHG) geben zu lassen.Du kannst dir daraus.dann wichtiges notieren. Es kann auch zweckmäßig sein, bereits vor der Entlassung einen Schriftsatz für das Sozialamt zu verfassen, den du bereits beim ersten Anlauf dort abgibst. Wie dieses Schriftstück aussehen sollte, kannst du unten im Abschnitt 12.3. nachlesen. Für spätere Schadensersatzklagen kann es einem nützen, wenn man bereits vor der Entlassung aufschreibt, weiche Krankheitssymptome oder Beschwerden man sich in der Haft zugezogen hat und dieses Papier vom Anstaltsarzt unter dem Satz: „Zur Kenntnis genommen" unterschreiben lässt Sofern er es nicht unterschreiben will, verlangt man ein schriftliches Attest mit ausdrücklichem Bezug auf deine Liste von Beschwerden. Die Liste verpflichtet den Arzt dann wenigstens zu einer gewissen Zurückhaltung bei der Verharmlosung deiner Symptome. Genauere Untersuchun­gen, wie. Blutsenkung, Laboruntersuchungen anderer Art, EKG, Röntgen usw. sollten auf dem Attest angegeben werden beziehungsweise sollten schon auf deiner Liste erwähnt werden, ebenso die vorherigen Diagnosen des Anstaltsarztes. Was die Justiz kann, kannst du auch: alles schriftlich festhalten! Da das Sozialamt dein Entlassungsgeld als Einkommen von deinen Sozialhilfean­sprüchen abzieht, ist es sinnvoll, möglichst wenig zu haben. Du solltest also alles Eigengeld verbraucht haben und kannst auch von deiner Rücklage schon vor deiner Entlassung Ausgaben machen, die deiner Vorbereitung auf die Freiheit dienen, die teuer ist. (Siehe auch Abschnitt 9.4.Geld).

12.2.Bei der Entlassung

Du wirst aus der Zelle geholt, wenn du dein Bündel gepackt hast, und wirst zur Kammer geführt. In diesem Bünde! hast du alles, was-dein eigen ist. Manches hast du zurückgelassen und es deinen Freunden vererbt. Wenn du „über Nacht" entlassen wirst und du nicht mehr mit ihnen zusammenkommst, kannst du die Sachen, die du ihnen geben willst, auf der Kammer zurücklassen. Du musst allerdings damit rechnen, dass sie diese Sachen nicht so ohne weiteres bekommen. Wenn es zum Beispiel eine Schreibmaschine ist, braucht der Empfänger eine Genehmigung zum Benutzen einer Schreibmaschine. Bei einem Buch werden die zuständigen Instanzen erst prüfen, ob es dem Geist des Betreffenden auch vertraglich ist. Die Grünen geben dir einen Schein zur Unterschrift, worauf vermerkt ist, dass du das und das dem und dem überlässt Schreib auf alle Falle noch einen anderen Namen dazu mit dem Vermerk: Falls die Sache dem Empfänger, den ich angegeben habe, aus irgendwelchen Gründen nicht ausgehändigt wird, bestimme ich (hier der zweite mögliche Empfänger) als Eigentümer der Sache! Die ersten Stunden dieses Tages verlaufen immer noch drinnen... Auch wenn du verständlicherweise „nur raus“ willst, solltest du versuchen, auf einiges dennoch zu achten: Wenn dir eine Erklärung- zur Unterschrift vorgelegt wird, in der du in meist sehr all­gemeiner Form bestätigen sollst, dass du gesund bist und keine Schadensersatzan­sprüche an den Knast hast, dann brauchst du die nicht zu unterschreiben, solltest du auch grundsätzlich nicht. Sie müssen dich auf jeden Fall rauslassen. Leider wird dieser Schein von sehr vielen Entlassenen unterschrieben, einfach in der Einbildung, sie hätten sonst Schwierigkeiten, müssten sich lange rechtfertigen oder einfach in der Gewissheit, sowieso keine Rechte und Ansprüche zu haben. In der Kammer: Prüfe, ob du alles auf der Liste, die du unterschreibst, auch wirklich bekommen hast. Versuche Ansprüche der Anstalt gegen dich, z.B. wegen verschwundenem oder be­schädigtem Inventar, in Frage zu stellen. Hattest du den fehlenden Gegenstand wirklich bekommen? Oder vielleicht schon vor längerer Zeit wieder abgegeben? Verlange einen Nachweis deiner im Knast geleisteten versicherungspflichtigen Ar­beit. An der Kasse bekommst du dein restliches' Hausgeld, restliches Eigengeld und die aus deinen Bezügen gebildete Rücklage ausgezahlt. Wenn du fast gar nichts zu bekommen hast, zum Beispiel weil du U-Gefangene/U-Gefangener warst oder es keine Arbeit gab, ist die Anstalt verpflichtet, dir eine Bei­hilfe zu den Reisekosten und eine sog. Überbrückungsbeihilfe zu zahlen (Strafvoll­zugsgesetz § 75). Deren Höhe ist zwar nicht festgelegt, in der Regel wird das aber der Sozialhilfe-Tagessatz von rund 9 Mark sein. Der Entlassungsschein: Zuletzt bekommst du deinen Entlassungsschein. Er ist zu­nächst dein wichtigstes Papier. Auf allen Ämtern musst du ihn vorweisen. Und wenn du aus der Untersuchungshaft entlassen wirst, bewahrt er dich eher vor neuer Ver­haftung als dein Pass Beschwer dich nicht mit zuviel Gepäck. Alles, was dir jetzt zu schwer ist, kannst du später immer noch holen. Du bist wahrscheinlich nicht mehr gewohnt, so viel zu schleppen und nach vielleicht jahrelanger U-Haft macht dein Kreislauf nicht mehr mit. Dazu kommt die Aufregung der Freiheit. Dann schließt die Pforte sich hinter dir, und umgekehrt als früher bist du jetzt draußen statt drinnen. Du fühlst dich in einer fremden Welt.

12.3. Nach der Entlassung

Gehn wir mal von dem Fall! aus, dass du keine Wohnung hast, keine Arbeit und auch niemanden, der dich abgeholt hat oder zu dem du hingehen kannst.Die ersten Tage Deine Freude über die wiedererlangte Freiheit währt dann vielleicht gerade so lange, bist du spürst, dass du dich irgendwo niederlegen und auch was essen musst Zum Schlafen: da gibt es nur ein paar Möglichkeiten und angenehm sind sie im Grunde alle nicht. In allen größeren Städten gibt es eine Bahnhofsmission. Da kommst du so­fort unter. Ebenso bei der Stadtmission. Wenn die voll sind, vermitteln die auch weiter in örtliche Obdachlosenasyle. Die sind allerdings nicht zu em­pfehlen. Da hat dich der Knast gleich wieder. Besser sind dann schon Jugendherbergen. Für ca. 16 bis 18 Mark bekommst du da einen Seniorenschein und kannst dann für rund 10 DM übernachten (in Frankfurt 11,20 DM, in kleinen Orten ist's billiger). Und wenn du etwas Entlassungsgeld hast, gibt es in fast allen Städten auch billige Hotels, um die 20 DM. Laß.dir eine Quittung geben: — um die Kosten beim Sozialamt wieder einzufordern. Zu Betreuungsvereinen oder Knast- und Entlassungshilfe-Gruppen zu gehen, bringt dir zunächst wenig. Sie leisten meist nur Beratung, d.h. sie verweisen dich weiter an die Ämter, zu denen du sowieso musst Du kannst natürlich,wenn du gar nichts hast und niemanden kennst in der.Stadt, alle diese Vereine abklappern und mit Hilfe deines Entlassungsscheins überall 5 Mark rausleiern — eben wenn dir gar nichts anderes übrig bleibt Aber selbst, wenn's ganz hart kommt, musst du auch nicht gleich verhungern in unserem „Sozialstaat": Sogenannte freie Träger, wie Kirchen oder Ar­beiterwohlfahrt und zuweilen auch städtische Stellen geben meist einen kostenlosen „Mittagstisch" aus. Da musst du dich umhören. Aber das sind alles nur kurzfristige Hilfen, mit denen du über ein paar Tage oder ein Wochenende kommst. Dann stellt sich die Frage: von welchem Amt bekommst du dein Geld? Grundsätzlich: Wenn du in den letzten drei Jahren 26 Wochen oder länger „versicherungspflichtig" — das heißt mit Lohnsteuerkarte — gearbeitet hast, ist das Arbeitsamt zuständig für dich In allen anderen Fällen das So­zialamt.

Arbeitsamt

Die 12 Monate für das Arbeitsamt müssen nicht zusammenhängend sein, und die Zeit, die du im Knast gearbeitet hast, zählt mit. Dafür hast du die Bescheinigung über die Zahl der geleisteten Arbeitstage bei der Entlassung bekommen. Wenn du 26 Wochen Arbeit nachweisen kannst und bei deiner Entlassung keine Ar­beitsstelle hast, bekommst du 78 Tage lang — 13 Wochen ä 6 Wochentage — Ar­beitslosengeld. Das sind 68 %.deines bisherigen Nettoverdienstes. Arbeitslosengeld gibt es längstens ein Jahr lang. Danach bekommst du Arbeitslosenhilfe, allerdings im Gegensatz zum Arbeitslosengeld nur, wenn du bedürftig bist. Arbeitslosenhilfe ist 58 Prozent deines ursprünglichen Verdienstes. Sie wird bis zum 65. Lebensjahr gezahlt. Voraussetzung dafür, vom Arbeitsamt Geld zu bekommen, ist allerdings immer, dass du dich „arbeitswillig" zeigst. Du musst dich also als erstes arbeitslos meiden. Wenn die dir dann keine Stelle anbieten, kannst du Antrag auf Arbeits­losengeld oder Arbeitslosenhilfe stellen. Dafür brauchst du: Personalausweis, (Renten-) Versicherungsausweis, Nachweis über in den letzten drei Jahren geleistete versicherungspflichtige Tätigkeit, Lohnsteuerkarte und Bescheinigung, dass du dich arbeitslos gemeldet, hast. Da alle Zahlungen des Arbeitsamtes nur bargeldlos ge­leistet werden, ist es ratsam, vorher ein Konto einzurichten. Da Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe rückwirkend ab Antragstellung gezahlt werden, ist es wichtig den Antrag so früh wie möglich zu stellen. Mit der Antragstellung verpflichtest du dich dazu, eine dir vom Arbeitsamt ver­mittelte Stelle anzunehmen. Das Arbeitsamt ist zwar verpflichtet, dir eine deiner Ausbildung und gemessen an dem, was du vorher gearbeitet hast, möglichst angemessene Stelle anzubieten, hat aber auch das Recht, von dir zu verlangen, eine schlechtere — und schlechter be­zahlte — Arbeit anzunehmen. Das geht allerdings nur in gewissen Grenzen. Du kannst dich zunächst immer auf den Standpunkt stellen, ein Angebot sei unzumut­bar, wenn du es als unter deinem Niveau empfindest. Wenn sie dir dann schließlich mit Streichung ihrer Zahlungen drohen, kannst du dirs immer noch überlegen. Lehnst du ohne „wichtigen Grund" eine „zumutbare" Arbeit ab, so werden die Leistungen für 4 Wochen gesperrt. Dasselbe passiert, wenn du ohne „wichtigen Grund" ein Arbeitsverhältnis kündigst. Sind die Leistungen schon vorher einmal aus diesen Gründen gesperrt worden, so verlierst du den weiteren Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. — hilfe wenn ein Arbeitgeber dich nach deiner Vorstellung ablehnt, was man ja gegebenenfalls beeinflussen kann, kann dir das Arbeitsamt kein Geld streichen. Ebenso wenig, wenn er dir nach kurzer Zeit kündigt. Wenn du nach deiner Entlassung schon eine Arbeitsstelle hast, aber erst am Monats­ende den ersten Lohn bekommst, zahlt das Arbeitsamt dir ein Überbrückungsgeld — das du als Haftentlassener auch nicht zurückzahlen brauchst. Für den Antrag dazu brauchst du neben Personalausweis und Entlassungsschein den Arbeitsvertrag öder auch nur eine Bescheinigung des Arbeitgebers, wann du die Stelle antrittst und . wann du den ersten Lohn in welcher Höhe bekommst. Ab Zahlung von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bist du automatisch bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse AOK krankenversichert. Bis dahin musst du dich an das Sozialamt wegen einem Krankenschein wenden. Dazu unten noch Näheres.

Sozialamt

Wenn du nach den oben genannten Bedingungen keinen Anspruch auf Ar­beitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe hast — zum Beispiel weil du nur kurz gearbeitet hast oder nicht arbeiten kannst — z.B. grundsätzlich jede ledige Mutter mit Kind! — und kein Einkommen hast, steht dir Sozialhilfe zu. Wenn du ein ganz geringes Einkommen hast, zum Beispiel weil du nur wenig vom Arbeitsamt bekommst, erhältst du ergänzend Sozialhilfe Sozialhilfe erhält jeder, der ohne Unterstützung verhungern müsste Sie ist kein Almosen, sondern ein Rechtsanspruch, dafür aber auch so knapp be­messen, dass du davon gerade am Leben bleibst. Sozialhilfe muss grundsätzlich nicht zurückgezahlt werden! Wichtig: Ehepartner sind gegenseitig und Eltern ihren Kindern gegenüber und umgekehrt „unterhalts­pflichtig". Das heißt sie müssen zum Unterhalt beitragen, Leute, die unverheiratet zusammen wohnen, gelten beim Sozialamt als „eheähnliche Gemeinschaft" — dazu zählen auch Wohngemeinschaften — und sind gegenseitig unterhaltsverpflichtet. Daher ist es ratsam, in jedem Fall untereinander Untermiet­verträge abzuschließen und zu bestreiten, dass es sich unreine gemeinsame Haus­haltsführung handelt. Auch beim Sozialamt musst du deine „Arbeitswilligkeit" sprich: Arbeitslos-Meldung und eine Bestätigung des Arbeitsamtes, dass du im Moment in keine Stelle ver­mittelbar bist, nachweisen. Am besten ist es, wenn du alles, was du brauchst und beim Sozialamt angeben willst, vorher mit Überlegung aufgeschrieben hast1 und diesen Zettel dem Sachbearbeiter gibst. Das Schriftstück sollte enthalten: 1.Personalien 2. Haftzeit 3. deine momentane Situation: wo wohnst du? hast du Geld? hast du Angehörige? hast du Kleidung?

4. deine in der Haft erlittenen Gesundheitsschäden. Du verlangst einen Krankenschein. Den bekommst du bei einem meistens im Sozialamt amtierenden „Amtsarzt", und damit gehst du dann zu einem prak­tischen Arzt. Auch ihm übergibst du eine genaue Liste deiner Beschwerden. 5. deine Forderungen: Kleidung Wohnung vorläufiger Lebensunterhalt Einrichtungsgegenstände Toilettenartikel Geschirr usw. Hilfe zum Lebensunterhalt: Der Sachbearbeiter füllt dann zuerst einen Antrag auf „Hilfe zum Lebensunterhalt" (Sozialhilfe) aus. Der Bedarf zum Lebensunterhalt werden. Auf die Hilfe zum Lebensunterhalt wird das „Einkommen" des Antrag­steilers angerechnet. Regelsätze vom 1.1.81 (für Hessen): Haushaltsvorstand oder für Alleinstehende 330.- DM Familienangehörige über 21 Jahre 264.- DM Kinder zwischen 15 — 20 Jahre 297.- DM Kinder zwischen 11 — 14 Jahre 248.- DM Kinder zwischen 7 — 10 Jahre 215.- DM Kinder unter 7 Jahre .' ' 149.- DM Nach diesen Sätzen lässt sich der von dem Sozialamt einem zugedachte Bedarf er­rechnen. Bestimmten Personengruppen wird dabei noch ein Mehrbedarf zugestanden: Leuten über 65 Jahren, Leuten unter 65 Jahren, die nicht mehr arbeiten können', werdenden Müttern und Alleinstehenden, die zwei oder mehr Kinder alleine versorgen, Erwerbstätigen. Beispiel: Frau alleinstehend, mit zwei Kindern: Mutter 330.- DM Mehrbedarf (bei 2 Kindern 30 %7) 99.- DM für das 9-jährige Kind 215.- DM für das 12-jährige Kind 248.- DM Miete (angenommen) 340.- DM Bedarf 1.232.- DM Vom Bedarf wird das Kindergeld, nämlich zur Zeit: 50,- DM fürs erste 100,- DM fürs zweite 200,- DM für jedes weitere für zwei Kinder abgezogen, da es als Einkommen zählt: 1.232.- DM — 150.- DM 1082.- DM ein anderes Beispiel: Ehepaar, ohne Kind. Die Frau arbeitet nicht. Haushaltsvorstand 330.- DM Ehefrau 264.- DM ./.angenommene Miete ..- 290.- DM Bedarf .'. 884.- DM Aus den Berechnungen wird ersichtlich, dass das Sozialamt in jedem Fall die Miete zahlt. Die Kaution, ohne die man heute kaum noch ein Zimmer bekommt, wird aller­dings selten übernommen und wenn, dann oft nur als Darlehen, d.h. du musst sie später zurückzahlen. Eine weitere Schweinerei ist, dass dein Entlassungsgeld üblicherweise als „Ein­kommen" betrachtet und von deinem errechneten Bedarf abgezogen wird. Das solltest du jedenfalls versuchen zu verhindern und dich darauf berufen, dass du das Geld im Sinne der „Wiedereingliederung in die Gesellschaft" für die besonderen Auf­gaben brauchst, die ein völliger Neuanfang für dich mit sich bringt. „Einmalige Beihilfen": Neben der „Hilfe zum Lebensunterhalt" gibt es beim Sozialamt sogenannte „einmalige Beihilfen", was nicht heißt, dass es sie nur einmal gibt, sondern lediglich, dass man sie einzeln beantragen muss Einmalige Beihilfen erhalten alle Sozialhilfeberechtigten und Leute, deren Einkommen nicht mehr als 10 % über dem Regelsatz liegt, sogenannte Minderbemittelte. Es gibt Möbel-, Bekleidungs-, Brennstoff- und Weihnachtsbeihilfe. Möbelbeihilfe kann man beantragen, wenn man zu wenig oder zum Beispiel nach der Entlassung gar keine Möbel hat. In der Regel muss man sich die Möbel in der Materialverwaltung des Sozialamtes aussuchen, man kann aber auf jeden Fall versuchen, sich den Gegenwert in bar auszahlen zu lassen. Man kann dann z.B. sagen, dass man sich die Möbel lieber gebraucht aber dafür nach eigenem Geschmack aus­suchen will. Die Weihnachtsbeihilfe bekommen Sozialhilfeempfänger ohne Antrag. Sogenannte Minderbemittelte müssen einen Antrag stellen. Für Bekleidungsbeihilfe muss in jedem Fall ein Antrag gestellt werden. Für Erwachsene über 16 Jahren gibt es pro Jahr 500,- DM, für Kinder von 7—15 Jahren 400,- DM und für Kinder bis 7 Jahren höchstens 300,- DM pro Jahr, in begründeten Ausnahmefällen, wie z.B. Entlassung nach längerer Haft können diese Höchstgrenzen auch überschritten werden. In jedem Fall sollte man auf dem Höchstsatz bestehen. Brennstoffbeihilfe bekommen Sozialhilfeempfänger ohne Antrag, die sogenannten Minderbemittelten müssen einen Antragstellen und zwar ab 1.10. des Jahres und vor dem 1,1. des folgenden Jahres. Weitere, über das bisher Genannte hinausgehende Forderungen kannst du nur noch darüber geltend machen, dass das Sozialamt auch „Hilfe in besonderen Lebenslagen" (Bundessozialhilfegesetz, §§ 17 und folgende) zu leisten hat, zu denen auch Entlassung aus der Haft zählt, Krankenversicherung: Wenn du — wie üblich — nach der Entlassung nicht' krankenversichert bist, bekommst du vom Sozialamt einen Krankenschein. Falls du noch krankenversichert bist, kannst du Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge verlangen. Überbrückungsgeld; Wenn du bei einem anderen Träger, zum Beispiel dem Ar­beitsamt, Geld beantragt hast, aber man Wochen oder Monate für die Berechnung braucht, zahlt das Sozialamt Überbrückungsgeld. Das ist sozusagen ein Vorschuss, d.h. du musst es zurückzahlen (weil du ja Arbeitslosengeld oder Rente vom Zeit­punkt der Antragstellung an rückwirkend ausgezahlt bekommst). Üblicherweise wird das zwischen den Ämtern automatisch miteinander verrechnet. Papiere, die du — soweit du sie hast — bei der Antragstellung auf dem Sozialamt zur Hand haben solltest:

Entlassungsschein

Personalausweis,

mindestens polizeiliche Anmeldung Nachweis über Einkünfte: —

Lohnbescheinigung,

Arbeitslosengeldbescheid

— Krankengeldbescheid

Nachweis über Arbeitslosmeldung

Nachweis über Antragsteilungen (z.B. Arbeitsamt)

Mietvertrag,

Mietquittungen

Wohngeldbescheid

Kindergeldbescheid

Unterlagen über Versicherungsbeiträge

Nachweis über Schulden oder monatliche Raten.

Um von der Sozialhilfe leben zu können, ist es nicht nur nötig zu wissen, was einem zusteht, man braucht vor allem auch eine gewisse Ausdauer und Hartnäckigkeit, um es tatsächlich zu bekommen. Deshalb: nicht abwimmeln lassen, gemeinsam zum Sozialamt gehen, Anliegen schriftlich vorlegen — und eine schriftliche Antwort verlangen. Man kann sich auch mit Beschwerden über den Sachbearbeiter an den Behördenleiter wenden und gegen einen ablehnenden Bescheid Wider­spruch einlegen. Besorge dir rechtzeitig einen „Leitfaden der Sozialhilfe". Bezugsadressen findest du in der Buchliste im Anhang.— Krankengeldbescheid Nachweis über Arbeitslosmeldung Nachweis über Antragsteilungen (z.B. Arbeitsamt) Mietvertrag, Mietquittungen Wohngeldbescheid Kindergeldbescheid Unterlagen über Versicherungsbeiträge Nachweis über Schulden oder monatliche Raten. Um von der So2taihi!feeben zu können, ist es nicht nur nötig zu wissen, was einem zusteht, man braucht vor allem auch eine gewisse Ausdauer und Hartnäckigkeit, um es tatsächlich zu bekommen. Deshalb: nicht abwimmeln lassen, gemeinsam zum Sozialamt gehen, Anliegen schriftlich vorlegen — und eine schriftliche Antwort verlangen. Man kann sich auch mit Beschwerden über den Sachbearbeiter an den Behördenleiter wenden und gegen einen ablehnenden Bescheid Wider­spruch einlegen. Besorge dir rechtzeitig einen „Leitfaden der Sozialhilfe". Bezugsadressen findest du in der Buchliste im Anhang.

12.4.Rechtliche Fragen

Im weiteren einige rechtliche Tipps u.a. zur Durchsetzung deiner wenigen „Rechte“ beim Sozialamt:

Wer unsicher im Hinblick auf rechtliche Fragen ist, kann zu verschiedenen kostenlosen Rechtsberatungsstellen gehen oder eine_n Rechtsanwalt/ Rechtsanwältin (kostenpflichtig) aufsuchen. Wer einen Rechtsanwalt benötigt, jedoch über kein ausreichendes Einkommen verfügt, hat die Möglichkeit, entweder kostenlos oder bezuschusst vom zuständigen Amtsgericht/ Beratungsstelle und/ oder Prozesskostenhilfe zu erhalten.

Beratungshilfe

Von wem kann mensch sich beraten lassen?

Du gehst entweder zu nächst zum Amtsgericht, schilderst dein Problem und legst deine persönlichen und wirtschaftlichen Probleme dar. Wenn das Amtsgericht einem Hinweis auf sonstige Beratungsmöglichkeiten oder der Aufnahme eines Antrags entsprechen kann, gewährt es kostenlos diese Hilfe. Sonst stellt es einen Berechtigungsschein aus. Mit diesem Berechtigungsschein kannst du eine_n Anwalt/ Anwältin eigener Wahl aufsuchen. Diese_r nimmt dann alles weitere in die Hand. Du kannst den/ die Rechtsanwalt/ Rechtsanwältin auch unmittelbar aufsuchen. Dann musst du dem/ die Rechtsanwalt/ Rechtsanwältin deine persönlichen und wirtschaftlichen verhältnisse glaubhaft machen und den/ die Anwalt/ Anwältin bitten, den Antrag auf Beratungshilfe durch das Amtsgericht nachträglich zu stellen. Dem/ der Rechtsanwalt/ Rechtsanwältin, den/ der du mit dem Berechtigungsschein vom Amtsgericht unmittelbar aufgesucht hast, musst du eine Gebühr von DM 20,- zahlen. Die Gebühr kann erlassen werden, wenn du sie nur schwer aufbringen kannst. Der Rechtsanwalt ist zur Beratungshilfe verpflichtet. Er darf dich nur im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen. Muss mensch sich ein Armutszeugnis besorgen?

Nein, du brauchst nur deine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft zu machen. Dazu reicht es z.B. aus, eine eidesstattliche Versicherung oder einen Lohnstreifen vorzulegen. Beratungshilfe wird gewährt in Angelegenheiten

-des Zivilrechts (z.B. Mietsachen, Schadensersatzansprüche bei Verkehrsunfällen, nachbarliche Streitigkeiten, Scheidungs- und Unterhaltsangelegenheiten, sonstige Familiensachen, Erbstreitigkeiten);

-des Verwaltungsrechts /z.B. Bausachen, Erschließungskostensache, Enteignungen, ordnungsbehördliche Verfahren);

-des Verfassungsrechts (z.B. Grundrechtsverletzungen)

Bist du in den Verdacht geraten, eine strafbare Handlung oder eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, so kannst du dich zwar beraten lassen, erhälst jedoch zunächst keine Vertretungshilfe. Auf anderen Rechtsgebieten, insbesondere dem des Arbeits- und Sozialrechts, wird Beratungshilfe nicht gewährt. Es gibt genügend Institutionen, die auf diesen Gebieten kostenlos rechtliche Betreuung gewähren. Wird es aber in Zusammenhang mit einer anderen rechtlichen Angelegenheit, z.B. im Zusammenhang mit einer familienrechtlichen Unterhaltsangelegenheit, notwendig, auch auf arbeits- oder sozialrechtliche Fragen einzugehen, so wird auch hier Beratungshilfe erteilt. Du musst deswegen nicht extra noch zu einer anderen Stelle laufen.

Wer ist berechtigt, die Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen?

Alleinstehende, mit einem Nettoeinkommen bis zu DM 850,-. Mit einer gesetzlichen unterhaltsberechtigten Person darfst du bis zu DM 1300,- netto verdienen. Musst du für den Unterhalt von zwei Personen sorgen, liegt die Einkommensgrenze bei DM 1375,-; für weitere gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen erhöht sich das zur Inanspruchnahme von beratungshilfe berechtigende Einkommen um jeweils DM 275,-. (Stand Januar 1987)

Was heisst Nettoeinkommen?

Nettoeinkommen ist das Einkommen, das nach Abzug der Steuern, der Sozialabgaben, der Krankenversicherungsbeiträge und der mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben verbleibt. Auch Migrant_Innen haben Anspruch auf Beratungshilfe. Selbst dann, wenn es nicht um Rechtsfragen nach deutschem Recht geht, sondern um solche nach ausländischem Recht. In Angelegenheiten ausländischen Rechts gibt es Beratungshilfe aber nur dann, wenn der Sachverhalt eine Beziehung zum Inland hat.

Prozesskostenhilfe

Wer erhält Prozesskostenhilfe?

Jeder, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die Obergrenze ist aus einer im Gesetz enthaltenen Tabelle ersichtlich und nach der Zahl der Unterhaltsverpflichtungen gestaffelt; sie liegt zur Zeit für Alleinstehende bei einem Nettoeinkommen von DM 2400,- und für einen Familienvater mit Ehefrau und zwei Kindern bei einem Nettoeinkommen von DM 3400,-. Der Prozessführende hat allerdings sein Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Zum Vermögen gehören insbesondere ein zu erwartender Anspruch auf Prozesskostenvorschuss oder ein Anspruch auf Versicherungsschutz hinsichtlich der Prozesskosten (z.B. Rechtsschutzversicherung).

Welche sonstigen Voraussetzungen bestehen für die Prozesskostenhilfe?

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen.

Was tun, um Prozesskostenhilfe zu erreichen?

Du musst beim Prozessgericht einen Antrag stellen, in dem Streit unter Angabe der Beweismittel darzustellen ist. Dem Antrag ist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. (Hierzu gibt es beim Gericht entsprechende Vordrucke.) Ein Armutszeugnis vom Sozialamt ist nicht mehr erforderlich. Prozesskostenhilfe hat jedoch keinen Einfluss auf die Kosten, die gegebenenfalls- insbesondere im Fall des Unterliegens- dem Gegner zu erstatten sind.

Wann kann mensch sich einen Rechtsanwalt nehmen?

Ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt eigener Wahl wird beigeordnet, wenn eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist, z.B. beim Familiengericht wenn die Vertretung durch einen Anwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.


Was ist, wenn sich die massgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ändern?

Bei einer Verbesserung der Verhältnisse kann das Gericht die getroffenen Bestimmungen über die Zahlungspflicht nicht ändern, also weder die Raten erhöhen noch eine Nachzahlung anordnen. Bei einer Verschlechterung seiner finanziellen Verhältnisse kann mensch sich jedoch an das Gericht wenden, um eine Änderung der belastenden Bestimmungen zu erbitten. Das Gericht kann dann die Raten herabsetzen oder bestimmen, dass die Raten nicht zu zahlen sind.

Worin besteht die Prozesskostenhilfe?

Es ist nach Höhe des monatlichen Nettoeinkommens und der Zahl der Unterhaltsverpflichtungen zu unterscheiden. Rechtssuchende mit geringem Einkommen – z.Z. bei Alleinstehenden mit geringem Nettoeinkommen bis zu DM 850,- und einem Familienvater mit Ehefrau und zwei Kindern bis zu DM 1850,- - erhalten Kostenfreiheit. Rechtssuchenden, deren Einkommen diese Grenze überschreitet, wird das Recht eingeräumt, die Prozesskosten in monatlichen nach der Einkommenshöhe gestaffelten raten zu zahlen, wobei insgesamt höchstens 48 Monatsraten aufzubringen sind. Die Eckwerte, bis zu denen Kostenfreiheit besteht und die Höhe der jeweiligen Raten ergeben sich aus der im Gesetz enthaltenen Tabelle (zu erfragen bei Amtsgerichten und Rechtsanwälten).

Bearbeitungszeit von Sozialhilfeanträgen

Häufig dauert die Bearbeitung von Anträgen Wochen oder wird von der Erbringung einer Fülle von Nachweisen abhängig gemacht. Ist dein Antrag dringend und wird die Bearbeitung hinausgeschoben, kannst du dem Sozialamt eine Frist setzen. Ist nach Ablauf dieser Frist noch nicht über deinen Antrag entschieden worden, kannst du beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen. (Siehe Verwaltungsgericht)

Rechtsmittel

Lehnt ein Sachbearbeiter deinen Antrag ab, hast du die Möglichkeit zu dessen Vorgesetzten zu gehen und dein Anliegen dort vorzutragen. Lass dir bei einer Ablehnung deines Antrags durch den Sachbearbeiter den Namen des Vorgesetzten geben und wo du ihn finden kannst. Wenn du willst, kannst du bis zum Bezirksbürgermeister gehen. Rangfolge:

-Sachbearbeiter

-Gruppenleiter

-Amtsleiter

-Leitender Fachbeamter

-Sozialstadtrat

-Bezirksbürgermeister

Widerspruch

Du hast aber auch die Möglichkeit vom Sachbearbeiter einen schriftlichen rechtsmittelfähigen Bescheid zu verlangen und innerhalb der angegebenen Frist Widerspruch dagegen einzulegen.

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung/ Klage beim Verwaltungsgericht

Bringt der oben beschriebene Weg nichts oder ist die sofortige Hilfe notwendig, bleibt dir als letzte Möglichkeit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht. Wichtig ist, dass es sich um einen wirklich akuten Notstand handelt, der ein schnelles Verfahren erfordert. Im Gegensatz zu einer Klage beim Verwaltungsgericht, bis zu deren Entscheidung bis zu einem Jahr vergeht, liegt der Vorteil bei der einstweiligen Anordnung darin, dass du nicht erst Widerspruch gegen den Bescheid des Sozialamts einlegen musst und die Bearbeitung in der Regel sehr schnell geht. Du kannst dich je nach Dringlichkeit deiner Situation, schriftlich an das Verwaltungsgericht wenden oder direkt zu der Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts gehen.

Anschrift: Verwaltungsgericht Berlin; Hardenbergstr. 21; 1000 Berlin 12 Öffnungszeiten: 9.00 bis 13.00 Uhr

Wichtig: Personalausweis mitnehmen

In der Rechtsantragsstelle sitzen Rechtspfleger_Innen, die deinen mündlichen Antrag aufnehemn und eine Niederschrift anfertigen. Diese Niederschrift beinhaltet eine Erklärung an Eides Statt, in der du die Angaben als richtig beeiden musst. Gebe eine möglichst genaue Schilderung deiner Situation und lege falls vorhanden Belege vor. Häufig wird die Frage, ob dein Anspruch berechtigt ist, bereits durch telefonische Rücksprache mit dem Sozialamt geklärt. Bei Klagen und einstweiligen Anordnungen entstehen dir keine Kosten!

Führerschein

Bei straffällig gewordenen Personen kann die Polizeibehörde – unabhängig davon, ob dein Führerschein entzogen wurde oder ob du ihn erstmals beantragst – überprüfen und eine Entscheidung darüber treffen, ob und inwieweit du charakterlich dazu befähigt bist, ein Fahrzeug zu führen. Wir empfehlen daher, bevor du eine Fahrschule aufsuchst und Aufnahmegebühren zahlst, bei der Polizeibehörde deine Berechtigung für einen Führerschein zu klären.

Führerscheinantrag

Erforderliche Unterlagen:

-Personalausweis/ Pass

-1 Lichtbild

-Sehtestbescheinigung

-Erste- Hilfe- Kurs- Bescheinigung ( für Klasse 2)

-ärztliche Untersuchung (für Klasse 2)

-Verwaltungsgebühren DM 35,-

-Führungszeugnis (nicht in jedem Fall erforderlich)


Fahrerlaubnis nach Entzug des Führerscheins

Ein neuer Antrag muss gestellt werden, frühestens 8 Wochen vor Ablauf der gerichtlichen Sperrfrist. Erforderliche Unterlagen:

-Personalausweis/ Pass

-1 Lichtbild

-Sehtestbescheinigung

-Erste- Hilfe- Kurs- Bescheinigung (nur erforderlich, wenn noch keine vorgelegen hat)

-Führungszeugnis (in jedem Fall erforderlich)

Anträge werden gestellt (dies gilt auch für Ersatzführerscheine) beim:

Polizeipräsident

Landeseinwohneramt

Fahrerlaubnis

12.5.Schuldenregulierung

Wer Schulden hat, auch rechtskräftige Mahnbescheide und diese abzahlen möchte, sollte sich mit seinen verschiedenen Gläubigern in Verbindung setzen, um sich auf eine angemessene Ratenzahlung bzw. befristete Stundung zu einigen. Zeige auf jeden Fall durch regelmässige Überweisung kleiner Summen deine Zahlungsbereitschaft. Hierdurch kannst du eventuell einen Zahlungsbefehl oder eine Lohnpfändung verhindern. Solltest du vorübergehend Sozialhilfeempfänger oder aus anderen Gründen nicht zahlungsfähig sein, teile dies auf jeden Fall dem Gläubiger schriftlich mit. Wenn du dich nicht oder nur unregelmässig meldest, vermutet der Gläubiger Desinteresse und wird dir nirgendwo entgegenkommen. Wer Hilfe bei der sachlichen Regelung dieser Angelegenheit braucht, kann sich an folgende Stellen wenden:

a) Rechtsberatungsstellen beim Amtsgericht und Sozialamt

b) freie Rechtsanwälte (das kostet Geld)

c)Bewährungshilfe/ Anlaufstellen

Wichtig: Wer nicht mehr genau weiss, bei wem und wie hohe Schulden er hat, kann sich an die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) wenden. Dort sind aber nur die Schulden bei Banken und von Teilzahlungskäufen erfasst. Nicht erfasst sind staatliche Schulden (z.B. Gerichtskosten, Steuerschulden, Post). Auskünfte müssen schriftlich angefordert werden. Während der Haftzeit sind sie gebührenfrei. Du kannst auch persönlich zur Schufa gehen.

Unterhaltsschulden

Musst du für ein oder mehrere nichteheliche Kinder an das Jugendamt Unterhalt zahlen, so kannst du auf Antrag bei diesem Jugendamt ein Anwachsen der Unterhaltsschulden während der Inhaftierung verhindern (Antrag auf Herabsetzung des monatlichen Unterhaltsbetrages auf DM 00,00 wegen Zahlungsunfähigkeit). Dieser Antrag kann nicht rückwirkend gestellt werden! Die vor der Inhaftierung bestehenden Schulden bleiben. Nach der Entlassung musst du wieder bezahlen. Wer wegen Verletzung der Unterhaltspflicht inhaftiert ist, kann von der Unterhaltszahlung für diese Zeit nicht befreit werden. Musst du den Unterhalt für eheliche Kinder direkt an die Mutter zahlen, richtest du deinen Antrag nicht an das Jugendamt, sondern direkt an die Mutter der Kinder. Wichtig ist, dass du von ihr eine schriftliche Verzichtserklärung für die Zeit deiner Zahlungsunfähigkeit erhälst.

Wichtig: Das Jugendamt kann deinem Antrag stattgeben, muss aber nicht (Ermessensentscheidung). Lehnt das Jugendamt deinen Antrag ab oder ist nur zur Stundung bereit, kannst du beim zuständigen Amtsgericht klagen (kostenpflichtig). Dies gilt auch bei ehelichen Kindern.

Mahnbescheide

Wenn du unbegründete bzw. zu hohe Mahnbescheide bekommst, kannst du dich folgendermassen verhalten: Widerspruch kann innerhalb von 14 Tagen eingelegt werden. Wenn die Frist verstrichen ist, liegt kein rechtskräftiger Zahlungsbefehl vor, sondern nur ein Mahnbescheid. Aus diesem kann auch nicht vollstreckt werden. Es muss dann erst ein Vollstreckungsbescheid erwirkt werden. Gegen diesen Vollstreckungsbescheid kann auch noch einmal Einspruch eingelegt werden.


Wichtig: Widerspruch gegen den Mahnbescheid und Einspruch gegen den Vollstreckungsbefehl solltest du nur einlegen, wenn die Forderungen nicht stimmen (z.B. falsche Zinsen, Summe ist nicht richtig). Sind die Forderungen richtig und du legst trotzdem Widerspruch bzw. Einspruch ein, so erhöhen sich dadurch für dich nur unnötigerweise die Kosten. Damit die Widerspruchs- bzw. Einspruchsfristen eingehalten werden können, ist eventuell ein Postnachsendeantrag an die Anstaltsadresse zu stellen. Amtsgerichte haben Briefkästen, in die du bis kurz vor 24.00 Uhr dein Schreiben einwerfen kannst. Wenn ein Vollstreckungsbefehl vorliegt, du kannst aber nicht bezahlen, so solltest du dich mit deinem zuständigen Gerichtsvollzieher oder dem Gläubiger in Verbindung setzen. Dadurch kann die Pfändung und die darauf folgende Versteigerung verzögert werden.

Pfändungsschutz

Einen generellen Pfändungsschutz nach der Haftentlassung gibt es nicht. Gepfändet werden können:

a) Die in deiner Wohnung befindlichen Wertsachen und Möbel, bis auf die lebensnotwendigen Gegenstände. Radio und Fernseher werden in der Regel nicht gepfändet.

b) Wertpapiere und Vermögen

c)Lohn und Gehalt

Der verbleibende Restlohn nach der Pfändung darf auf keinen Fall niedriger sein als die geltenden Regelsätze der Sozialhilfe. Dieses Existenzminimum nennt man Pfändungsfreigrenze. In besonderen Fällen kann auf Antrag in der Rechtsantragsstelle des zuständigen Amtsgerichts die Pfändungsfreigrenze heraufgesetzt werden. Dazu musst du die notwendigen Belege mitbringen (z.B. bei hoher Miete, Diät usw.). Diese Heraufsetzung der Pfändungsfreigrenze gilt nur für eine bestimmte Zeit, nicht auf Dauer.

Eidesstattliche Versicherung (Offenbarungseid)

Wurde durch Zwangsvollstreckung die Schuld nicht oder nur teilweise beglichen, so kann der Schuldner von seinem Gläubiger über das Amtsgericht zum Leisten einer eidesstattlichen Versicherung gezwungen werden. Durch die eidesstattliche Versicherung muss der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erklären (Darlegen seiner finanziellen Lage; Vermögensverzeichnis). Wer sich weigert, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben oder den angesetzten Termin nicht wahrnimmst, kann dazu durch Haftbefehl gezwungen werden (Erzwingungshaft). Die eidesstattliche Erklärung wird ins amtliche Schuldnerverzeichnis eingetragen. Bei Schuldentilgung kann die Eintragung auf Antrag sofort gelöscht werden. Die Schuldentilgung muss dafür nachgewiesen werden.

Verjährung von Schuldenregulierung

Alle Schulden beim Staat verjähren nicht. Dazu zählen z.B. Gerichtsschulden, Steuerschulden, Unterhaltsschulden gegenüber dem Jugendamt usw. Schulden ohne rechtskräftigen Zahlungsbefehl verjähren nach unterschiedlicher Dauer und richten sich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches §191/172. Wir empfehlen dafür eine Rechtsberatung einzuholen. Schulden mit rechtskräftigen Zahlungsbefehl verjähren nach 30 Jahren.

Kontoeröffnung bei Schulden

Wer bei Banken, Sparkassen oder Kreditinstituten Schulden nicht regelmässig abzahlt, bzw. abgezahlt hat, dem kann eventuell die Eröffnung eines Kontos verweigert werden. Sämtliche Kreditschulden werden zentral registriert. Dies gilt nicht für die Eröffnung eines Kontos bei der Post.

12.6.Formulierungshilfen

Auf den folgenden Seiten geben wir ein paar Formulierungshilfen wieder, die in den späten 70er und frühen 80er hier in Berlin durchschlagende Wirkung gezeigt haben: Es hat etliche Gefangene gegeben, die morgens mit mit zehn Mark in der Tasche in das zuständige Sozialamt reingegangen sind und - wenn auch nach einigen verbalen Auseinandersetzungen – nachmittags mit einigen tausend Mark wieder nach Haus. Das setzt natürlich voraus, dass die Anträge vorher schon eingereicht wurden. Diese Anträge, in grosser Anzahl von ehemaligen gefangenen an die zuständigen Sozialämter gerichtet, haben die Zahlungen an die Antragsteller zeitweilig in einem solchen Masse steigen lassen, dass einige Stadträte für Soziales sich ganz besorgt beim Leiter der JVA Tegel erkundigt haben, warum er denn so exakte Entlassungsvorbereitung betreibt. Der war ganz verdutzt, schliesslich hatte er die Dinger noch nie vorher gesehen... Wir empfehlen, die Anträge etwa drei Monate vor der Entlassung abzuschreiben (Individualität macht das Ablehnen sehr viel schwieriger als ausgefüllte Formulare!) und an die zuständigen Behörden zu schicken, um möglichst noch genug Zeit für zu erwartende Querelen zu haben. Zuständiges Sozialamt ist übrigens die Behörde an dem Ort, an dem mensch nach der Entlassung zu wohnen vorhat. In der Regel wird eine korrekte Anmeldung, d.h. Ein Mietvertrag erforderlich sein: ohne Wohnung kein Mietvertrag, keine Anmeldung, keine Übernahme der Miet-, Renovierungs-, Möbel-, Hausrat- und Bekleidungskosten. Wenn du es irgendwie durchsetzen kannst, durch Urlaub aus der Haft oder Freunde draussen, solltest du also unbedingt mit der Wohnungssuche anfangen, wenn du an deine Entlassungsvorbereitung gehst. Und bis zu sechs Monate lang zahlt das Sozi meist auch die Miete usw., um die weit höheren Kosten deiner etwaigen Obdachlosigkeit zu vermeiden. Falls du dich mit den Bürokraten mündlich nicht einigen kannst, solltest du ggf. das zuständige Sozialgericht anrufen. Da sind mitunter schon erstaunliche einstweilige Anordnungen getroffen worden. Noch eins: Dieser Rechtsweg ist kostenfrei! Wir wären übrigens froh, wenn uns die Benutzer_Innen der folgenden Anträge ihre Erfahrungen damit schreiben könnten. So wären wir in der Lage, für die nächste Ausgabe des Ratgebers noch durchschlagendere Formulierungen zu finden. Zu guter Letzt noch ein Hinweis auf die einschlägige Rechtssprechung: Nach einem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs darf einem entlassenen Strafgefangenen der als Überbrückungsgeld ausgezahlte Lohnanteil für die Arbeitsleistung während der Haft nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden! (Aktenzeichen: VerwGH 9 UE 299/85)

Einmalige Beihilfen

Übernahme von Mietkosten

Name

Adresse

Datum


An das

Sozialamt...

-Haftentlassungshilfe-

Adresse


Betr.: Antrag auf einmalige Beihilfe

hier: Übernahme von Mietkosten


Sehr geehrte Damen und Herren!

Seit dem … bin ich als Mieter_In (Untermieter_In) bei Frau/ Herrn

Name...

Adresse...


angemeldet und habe dort monatlichen

… DM Miete und

… DM Nebenkosten

zu zahlen. Da ich mich noch in Haft befinde, erst am … entlassen werde und zumindest bis dahin ohne jedes Einkommen bin – und um Obdachlosigkeit zu vermeiden -, beantrage ich hiermit die Übernahme meiner oben genannten Miet- und Nebenkosten für die Monate bis zur Haftentlassung.

Fotokopien des Mietvertrages und meiner Anmeldebescheinigung füge ich der Anlage bei. Falls mein persönliches Erscheinen für die Bearbeitung des Antrags erforderlich sein sollte, bitte ich um eine schriftliche Nachricht .

Ich bitte um Eingangsbestätigung, Mitteilung des Aktenzeichens und schriftlichen Bescheid.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift


Übernahme von Renovierungskosten

Name

Adresse

Datum


An das

Sozialamt...

-Haftentlassungshilfe-

Adresse

Betr.: Antrag auf einmalige Beihilfe

hier: Übernahme der Renovierungskosten

Sehr geehrte Damen und Herren!

Bezugnehmend auf meinen Antrag auf Übernahme von Mietkosten vom … beantrage ich hiermit die Übernahme von Renovierungskosten für die dort angegebene Wohnung. Zwei Kostenvoranschläge werde ich ggf. nachreichen. Hilfsweise beantrage ich die Übernahme der Kosten für die Renovierung in Selbsthilfe. Eine detaillierte über das erforderliche Werkzeug und Material werde ich ggf. nachreichen. Das mir am Entlassungstag ausgehändigte Überbrückungsgeld dient ausschliesslich zur Sicherung meines notwendigen Lebensunterhaltes während der ersten vier Wochen nach der Entlassung (§ 51 Abs. 1 StVollzG). Die Anrechnung auf einmalige Beihilfen nach dem BSHG kommt daher nicht in Betracht. Falls mein persönliches Erscheinen für die Bearbeitung des Antrags erforderlich sein sollte, bitte ich um eine schriftliche Nachricht.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift

Kostenübernahme für Möbel

Name

Adresse

Datum


An das

Sozialamt...

-Haftentlassungshilfe-

Adresse


Betr.: Antrag auf einmalige Beihilfe

hier: Kostenübernahme für Möbel

Sehr geehrte Damen und Herren!

Hiermit beantrage ich die Kostenübernahme für die Anschaffung von Möbeln. In der Anlage füge ich Ihnen zwei Kostenvoranschläge bei. Sofern Sie Abstriche von meiner Aufstellung vornehmen, lassen Sie mir bitte einen schriftlichen, in jedem Einzelposten begründeten und rechtsmittelfähigen Bescheid zukommen. Das mir am Entlassungstag ausgehändigte Überbrückungsgeld dient ausschließlich zur Sicherung meines notwendigen Lebensunterhaltes während der ersten vier Wochen nach der Entlassung (§ 51 Abs. 1 StvollgG). Die Anrechnung auf einmalige Beihilfen nach dem BSHG kommt daher nicht in Betracht. Falls mein persönliches Erscheinen für die Bearbeitung des Antrags erforderlich sein sollte, bitte ich um eine schriftliche Nachricht. Ich bitte um Eingangsbestätigung, Mitteilung des Aktenzeichens und schriftlichen Bescheid.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift


Kostenübernahme für Hausrat

Name

Adresse

Datum


An das

Sozialamt...

-Haftentlassungshilfe-

Adresse


Betr.: Antrag auf einmalige Beihilfe

hier: Kostenübernahme für Hausrat

Sehr geehrte Damen und Herren!

Am … werde ich aus der Haft entlassen. Zu diesem Zeitpunkt stehe ich buchstäblich vor dem Nichts. Daher benötige ich die unten aufgeführten Dinge unbedingt, etwaige Abstriche oder Kürzungen würden für mich ein Leben unter menschenwürdigen Bedingungen ganz erheblich in Frage stellen.

1.4x Besteck komplett 40,- DM

2.1 Küchenmesser 10,- DM

3.1 Brotmesser 12,- DM

4.1 Löffelgarnitur 18,- DM

5.1 Gefrierdosen- Set 20,- DM

6.2 Schüsseln 40,- DM

7.2 Töpfe + Deckel 60,- DM

8.1 Bratpfanne + Deckel 30,- DM

9.1 Kasserolle 1,5 Ltr. 35,- DM

10.1 Kaffeekanne 12,- DM

11.1 Teekanne 15,- DM

12.1 Thermoskanne 17,- DM

13.6 Trinkgläser 12,- DM

14.1 Sahnekännchen 6,- DM

15.1 Zuckerdose 6,- DM

16.4 flache Teller 20,- DM

17.4 tiefe Teller 20,- DM

18.4 Frühstücksteller 20,- DM

19.4 Tassen + Untertassen 24,- DM

20.2 Kompottschalen 5,- DM

21.2 Eierbecher + Löffel 5,- DM

22.1 Schneebesen 5,- DM

23.1 Messbecher 6,- DM

24.1 Mehrzweckpresse 5,- DM

25.1 Dosenöffner 7,- DM

26.1 Blumenvase 7,- DM

27.2 Aschenbecher 8,- DM

28.1 Haushaltsschere 9,- DM

29.1 Kehrschaufel 15,- DM

30.1 Handfeger 12,- DM

31.1 Besen 27,- DM

32.1 Schrubber 27,- DM

33.2 Wischlappen 20,- DM

34.2 Staublappen 14,- DM

35.1 Schwamm 15,- DM

36.1 Handwaschbürste 7,- DM

37.1 Zahnputzbecher 7,- DM

38.2 Zahnbürsten 7,- DM

39.2 Waschlappen 30,- DM

40.1 Fussabtreter 40,- DM

41.1 Mülleimer 13,- DM

42.1 Toilettenbürste 17,- DM

43.1 Bügeleisen 50,- DM

44.1 Bügelbrett 99,- DM

45.1 Wäschetrockner 40,- DM

46.1 Kleiderbürste 13,- DM

47.1 Uhrenwecker 30,- DM

48.1 Federbett 135,- DM

49.2 Bettbezüge 56,- DM

50.1 Federkopfkissen 34,- DM

51.2 Kopfkissenbezüge 27,- DM

52.2 Bettlaken 27,- DM

53.1 Tagesdecke 50,- DM

54.2 Tischdecken 40,- DM

55.1 Wachstuch (Küche) 17,- DM

56.6 Geschirrtücher 36,- DM

57.4 Frottee- Handtücher 30,- DM

58.1 Badetuch 39,- DM

                      1446,- DM

Die angegebenen Preise sind als Schätzpreise zu verstehen, da ich in der Haft nicht die Möglichkeit habe, realistische Preise festzustellen. Sie sind also, sofern ich mich nach unten verschätzt habe, nach oben zu korrigieren. Das mir am Entlassungstag ausgehändigte Überbrückungsgeld dient ausschließlich zur Sicherung meines notwendigen Lebensunterhaltes während der ersten vier Wochen nach der Entlassung (§ 51 Abs. 1 StvollgG). Die Anrechnung auf einmalige Beihilfen nach dem BSHG kommt daher nicht in Betracht. Falls mein persönliches Erscheinen für die Bearbeitung des Antrags erforderlich sein sollte, bitte ich um eine schriftliche Nachricht. Sofern Sie Abstriche von der oben angeführten Liste vornehmen, lassen Sie mir bitte einen schriftlichen, in jedem Einzelposten begründeten und rechtsmittelfähigen Bescheid zukommen.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift


Kostenübernahme für Bekleidung

Name

Adresse

Datum


An das

Sozialamt...

-Haftentlassungshilfe-

Adresse


Betr.: Antrag auf einmalige Beihilfe

hier: Kostenübernahme für Bekleidung


Sehr geehrte Damen und Herren!

Am … werde ich aus der Haft entlassen. Zu diesem Zeitpunkt stehe ich buchstäblich vor dem Nichts. Daher benötige ich die unten aufgeführten Dinge unbedingt, etwaige Abstriche oder Kürzungen würden für mich ein Leben unter menschenwürdigen Bedingungen ganz erheblich in Frage stellen.

1.1 Anzug 246,- DM

2.1 Jacke 133,- DM

3.2 Hosen je 78,- DM 156,- DM

4.1 Jeanshose 68,- DM

5.2 Gürtel je 9,- DM 18,- DM

6.1 Mantel 157,- DM

7.1 Strickjacke 59,- DM

8.1 Sommerpullover 47,- DM

9.1 Trainingsanzug 84,- DM

10.6 Paar Socken 45,- DM

11.2 Hemden 56,- DM

12.1 Schlafanzug 54,- DM

13.1 Badehose 17,- DM

14.1 Paar Halbschuhe 95,- DM

15.1 Paar Turnschuhe 25,- DM

16.1 Paar Hausschuhe 23,- DM

17.1 Paar Arbeitsstiefel 60,- DM

18.4 Unterhosen 36,- DM

19.4 Unterhemden 46,- DM

20.1 Bademantel 56,- DM

21.1 Arbeitsanzug (blau) 45,- DM

22.1 Arbeitsschürze 14,- DM

------------- 1540,- DM

Die angegebenen preise sind als Schätzpreise zu verstehen, da ich in der Haft nicht die Möglichkeit habe, realistische Preise festzustellen. Sie sind also, sofern ich mich nach unten verschätzt habe, nach oben zu korrigieren. Das mir am Entlassungstag ausgehändigte Überbrückungsgeld dient ausschließlich zur Sicherung meines notwendigen Lebensunterhaltes während der ersten vier Wochen nach der Entlassung (§ 51 Abs. 1 StvollgG). Die Anrechnung auf einmalige Beihilfen nach dem BSHG kommt daher nicht in Betracht. Falls mein persönliches Erscheinen für die Bearbeitung des Antrags erforderlich sein sollte, bitte ich um eine schriftliche Nachricht. Sofern Sie Abstriche von der oben angeführten Liste vornehmen, lassen Sie mir bitte einen schriftlichen, in jedem Einzelposten begründeten und rechtsmittelfähigen Bescheid zukommen.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift


Antrag auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt


Name

Adresse

Datum


An das

Sozialamt...

-Haftentlassungshilfe-

Adresse


Betr.: Antrag auf laufende Hilfen zum Lebensunterhalt

Sehr geehrte Damen und Herren!

Am … werde ich aus der Haft entlassen. Zur Sicherung meines Lebensunterhalts werde ich zunächst auf Sozialhilfe angewiesen sein. Ich bitte daher um Übersendung eines Antragbogens A, den ich ausgefüllt zurücksenden werde. Beim Arbeitsamt habe ich mich bereits von hier aus arbeitslos gemeldet und zu prüfen gebeten, ob ich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe habe. Die Mitteilung des Arbeitsamtes werde ich Ihnen nach Erhalt vorlegen. Ich bitte um Eingangsbestätigung, Mitteilung des Aktenzeichens und schriftlichen Bescheid.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift


Antrag auf Steuerkarte

Name

Adresse

Datum


An das

Finanzamt...

-Steuerkartenstelle-

Adresse


Betr.: Antrag auf Ausstellung einer Steuerkarte

Sehr geehrte Damen und Herren!

Am … werde ich aus der Haft entlassen. Für die daran anschliessend beabsichtigte Arbeitsaufnahme benötige ich noch eine Steuerkarte. Meine persönlichen Daten sind:

Geburtsdatum und -ort: ...

Wohnanschrift …

Familienstand, Konfession …

Zahl der Kinder …

Bitte senden Sie mir die so ausgefüllte Steuerkarte an die im Absender angegebene Anschrift zu.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift


Mitteilung über Arbeitslosigkeit

Name

Adresse

Datum


An das

Arbeitsamt …

Adresse


Betr.: Mitteilung über Arbeitslosigkeit


Sehr geehrte Damen und Herren!

Am … werde ich aus der Haft entlassen. Von diesem Zeitpunkt an bin ich voraussichtlich ohne Arbeit. Bitte senden Sie mir möglichst umgehend die erforderlichen Unterlagen für meinen Antrag auf Arbeitslosigkeit zu.

Mit freundlichem Gruß

Unterschrift

Der "alte" Ratgeber